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Calopteryx splendens (Harris, 1780) / Gebänderte Prachtlibelle (Sachsen)

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
Rote Liste Deutschland:* (derzeit keine Gefährdung)

Bildautor: Tino Kohbach

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

Die Systematik der C. splendens-Gruppe ist noch nicht abschließend geklärt. Es wurden zahlreiche Unterarten beschrieben, deren Status teilweise unklar ist. Deutschland liegt im Übergangsbereich zwischen der Nominatform C. s. splendens und der sich durch breitere Flügelbinden auszeichnenden C. s. ancilla. Der Status der sächsischen Populationen ist ungeklärt.

Kennzeichen

Typische Prachtlibelle: Große, kräftig gebaute Kleinlibelle mit >8 mm Flügelbreite und metallisch glänzendem Körper. Alle Flügel der Männchen mit metallisch blauschwarzem Band. Im Unterschied zur Blauflügel-Prachtlibelle C. virgo nimmt die ungefärbte Flügelbasis der Männchen mindestens 1/3 der Flügellänge ein. Unterseite der letzten Hinterleibssegmente mit weißlich-gelber Signalfärbung („gelbes Licht“, bei C. virgo rot ). Flügel der Weibchen durchscheinend mit meist grünlichem oder auch bräunlichem Schimmer. Die Weibchen können am sichersten von C. virgo-Weibchen am Abstand des Flügelmales zur Flügelspitze und der hellen seitlichen Färbung der Bauchplatte unterschieden werden.

Exuvien und Larven der Prachtlibellen unterscheiden sich von allen anderen Kleinlibellenlarven durch die sehr großen ersten Fühlerglieder. Bei C. splendens sind diese fast doppelt so lang, wie die übrigen Fühlerglieder zusammen. Ausgewachsene Larven besitzen hinter den Augen nur kleine Höcker, die die Augen nicht überragen. Die Unterscheidung kleinerer Larvenstadien der beiden Arten ist schwierig.

Biologie und Ökologie

Calopteryx splendens ist eine Charakterart sommerwarmer Fließgewässer. Die Larven der Art sind weniger sensibel hinsichtlich sinkender Sauerstoffgehalte im Gewässer als die von C. virgo, stellen aber höhere Ansprüche an der Wärmehaushalt des Gewässers (Zahner 1959). Demzufolge werden stärker die Mittel- und Unterläufe der Fließgewässer besiedelt und höhere organische Belastungen des Wassers toleriert. Optimal sind sommerwarme, besonnte Fließgewässer mit reichen Makrophytenbeständen. Neben gut entwickelten Wasserpflanzenbeständen fördert besonders ein Auftreten von Schilf (Phragmites australis) und Rohrglanzgras (Phalaris arundinacea) in der Ufervegetation die Art, da flutende Wurzeln beider Arten hervorragende Eiablagesubstrate und Larvallebensräume bilden und die emersen Pflanzenteile der breitblättrigen Gräser bevorzugt als Sitzwarten und Ruhestätten genutzt werden. Fehlen Schattenbereiche in Gewässernähe an heißen Sommertagen völlig, verlassen die Tiere den Gewässerbereich oder sterben an Überhitzung.

Die Larven halten sich überwiegend in submers flutenden Wasserpflanzen und flutendem Wurzelfilz auf und ernähren sich überwiegend von kleinen Flohkrebsen und Insektenlarven. Die Entwicklungsdauer beträgt in Abhängigkeit von der Wassertemperatur 1 bis 2 Jahre.

Imagines sind bei sonnigem Wetter gut an den Fließgewässern zu beobachten. Die Männchen besetzen und verteidigen Territorien, die die Weibchen zur Paarung und Eiablage aufsuchen. Die Eiablage erfolgt in flutende oder untergetauchte Pflanzenteile. Der Verlauf der Wiederbesiedlung der sächsischen Fließgewässer nach der Verbesserung der Gewässergüte in den 1990er Jahren belegt ein hohes Ausbreitungsvermögen.

Überregionale Verbreitung

Die Artengruppe der Gebänderten Prachtlibelle besiedelt in zahlreichen Taxa große Teile Europas mit Ausnahme des Südwestens und des nördlichen Skandinaviens. In Asien erstreckt sich das Areal bis Jakutien, im Südosten bis China und der Mongolei.

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

günstig

Hinweise Erhaltungszustand

Die Art ist in Sachsen aktuell ungefährdet und in günstigem Erhaltungszustand, erreicht aber infolge struktureller Defizite der Mehrzahl der Fließgewässer nur an wenigen Gewässerabschnitten Siedlungsdichten, die denen an natürlichen Gewässern entsprechen.

Prüfung und Erfassung


Einstufung nach F+E-Projekt Artenschutzkonzeption 2012

Allgemeine Maßnahmen in Lebensräumen, Priorität 4 (niedrigste)

Untersuchungsstandards

Es liegen keine Untersuchungsstandards vor. Hohe Dichten von Imagines an Fließgewässern, besonders aber Beobachtungen eierlegender Weibchen geben Hinweise auf Reproduktionsgewässer. Imagines in der Reifephase bzw. ältere Tiere können jedoch auch im weiteren Umfeld der Reproduktionsstätten angetroffen werden. Regelmäßig werden Männchen auch an ungeeigneten Stillgewässerufern territorial angetroffen, vermutlich begünstigt dadurch, dass sie eine im Gegensatz zu C. virgo geringere Bindung an beidseitigen Uferbewuchs zeigen (Sternberg & Buchwald 1999). In der Regel kommt es an Stillgewässern aber nicht zu Eiablage. Ein sicherer Reproduktionsnachweis kann jedoch nur durch Funde von Exuvien, schlupfreifen Larven oder schlüpfenden bzw. unmittelbar geschlüpften Tieren erbracht werden. Die Exuvien sitzen meist an Stängeln oder Blattunterseiten der emersen Röhrichte bzw. der Ufervegetation. Sinnvoll ist auch die Kontrolle von Bauwerken am Gewässer auf Exuvien. Unter Brücken und in geschützten Lagen können Exuvien teilweise mehrere Jahre lang erhalten bleiben und auch außerhalb der Hauptschlupfzeit nachgewiesen werden. Für einen Präsenznachweis der Art reicht häufig eine einmalige Begehung im Zeitraum Mitte Mai bis Mitte Juni (in montanen Lagen Anfang Juni bis Mitte Juli) aus. Für eine halbquantitative Erfassung sollten mindestens 3-4 Begehungen im Zeitraum Mai bis August erfolgen.

Vorkommen


Status Etablierung

Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

starker Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

Die Gebänderte Prachtlibelle ist aktuell in Sachsen eine sehr häufige Libellenart, die im Tief- und Hügelland nahezu flächendeckend in geeigneten Fließgewässerhabitaten auftritt. In Lagen über 400 m wird die Art seltener, scheint sich aber in Perioden mit warmen Sommern und milden Wintern zeitweilig in die montane Höhenstufe auszubreiten. Diese Ausbreitung wird teilweise durch die Störung der Gewässerstruktur durch Rückstaubereiche von Querbauwerken begünstigt.

Regionales Vorkommen

  • Chemnitz/Ob. Erzgebirge: Nachweis ab 1980
  • Oberes Elbtal/Osterzgeb.: Nachweis ab 1980
  • Oberlausitz/Niederschles.: Nachweis ab 1980
  • Westerzgebirge/Vogtland: Nachweis ab 1980
  • Westsachsen: Nachweis ab 1980

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Naturraumkarte

Naturraumkarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Erläuterung Phänologie

Aufgrund der ein- bis zweijährigen Larvalzeit sind ganzjährig Larven in den Entwicklungsgewässern anzutreffen. Sie reagieren im Winterhalbjahr besonders empfindlich auf Eingriffe in das Gewässer, da sie temperaturbedingt nur eingeschränkt bewegungs- und reaktionsfähig sind.

Lebensraum


Fortpflanzungsstätten: Die Art reproduziert in sommerwarmen Bächen und Flüssen. Die Imagines benötigen Sitzwarten am und im Gewässer sowie Eiablagesubstrate in Form von flutenden oder flach überspülten Pflanzenteilen. Optimalhabitate zeichnen sich durch Besonnung und gut entwickelte Unterwasservegetation und strukturreiche Uferfluren mit einem hinreichenden Angebot an Sitzwarten für die Imagines aus. An heißen Sommertagen benötigen die Tiere schattige Rückzugsbereiche, bspw. unter Uferbäumen, Brücken oder Steilufern um eine Überhitzung zu vermeiden. Die Larven leben strukturgebunden in Wasserpflanzenbeständen, flutenden Wurzeln und Treibgut.

Jagd- und Ruhestätten: Als Reife- und Jagdhabitate dienen besonnte Wiesen, Waldlichtungen, Wegränder etc. mit Reichtum an Kleininsekten in meist windgeschützten Lagen. Als Ruhestätten nutzen die geschlechtsreifen Imagines häufig die Ufervegetation, teilweise übernachten die Tiere auch in bis zu 70 m entfernten ungemähten Wiesen, Staudenfluren oder Röhrichtbeständen.

Hinweise zur Abgrenzung von Populationen: Regionale Abstufung unterhalb der Ebene Landkreis, i. d. R. Quell- und Einzugsgebiet eines Baches oder größerer Flussabschnitt

Habitatkomplexe

  • Fließgewässer, Quellen

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Fließgewässer, Quellen

Ökologische Charakterisierung

  • Fließgewässer

Höhenstufen

  • collin
  • planar

Management


Beurteilung

Aus dem gegenwärtigen positiven Bestandstrend lässt sich kein Bedarf überregionaler, über den allgemeinen Lebensraumschutz hinausgehender Schutzkonzepte ableiten. Die Art ist in Sachsen ungefährdet.

Management

Schutz durch allgemeinen Schutz der Lebensräume. Eine Förderung der Art ist durch Verbesserung der Gewässerstrukturgüte (inkl. Minimierung von Gewässerunterhaltungsmaßnahmen), Vermeidung von Stoff- und Sedimenteinträgen aus dem Umland und Vermeidung einer vollständigen Beschattung der Gewässer möglich.

Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm; Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/ida

Gefährdungen


Die positive Bestandsentwicklung der letzten Jahrzehnte ist vermutlich überwiegend ein Ergebnis der gesunkenen Abwasserbelastung der Fließgewässer. Lokal profitierte die Art zusätzlich von Renaturierungsmaßnahmen und einer Verbesserung der Gewässerstrukturgüte. Aufgrund der starken strukturellen Defizite der Mehrzahl der mittleren und größeren Fließgewässer entsprechen die Populationsgrößen überwiegend noch nicht den Naturraumpotenzialen.

Hauptgefährdungsursachen der Art sind:

  • Gewässerausbau und –regulierung
  • intensive Gewässerunterhaltung (Entkrautung, Beräumung, Böschungspflege)
  • starke Beschattung durch Uferbepflanzung
  • Aufforstung von gewässernahen Offenlandhabitaten

Sonstiges


Literatur

Günther, A. (2005): Gebänderte Prachtlibelle Calopteryx splendens (Harris, 1782) – In: Brockhaus, T. & U. Fischer (Hrsg.): Die Libellenfauna Sachsens. – Natur & Text, Rangsdorf: 52-55.

Günther, A., M. Olias & T. Brockhaus (2006): Rote Liste Libellen Sachsens. – Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2006, hrsg. vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden, 20 S.

Karjalainen, S. & M. Hämäläinen (2013). Neidonkorennot – Demoiselle Damselflies. Caloptera Publishing, Helsinki.

Ott, J. & W. Piper (1998): Rote Liste der Libellen (Odonata). – In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 55: 260–263.

Rüppell, G., Hilfert-Rüppell, D., Rehfeldt, G. & C. Schütte (2005). Die Prachtlibellen Europas. Gattung Calopteryx. - Die Neue Brehm-Bücherei 654. Westarp, Hohenwarsleben.

Sternberg, K. & R. Buchwald (1999): Calopteryx splendens (Harris, 1782) Gebänderte Prachtlibelle. In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 1. – Eugen Ulmer, Stuttgart: 187–202.

Wildermuth, H. & A. Martens (2014): Taschenlexikon der Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. – Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.

Zahner, R. (1959): Über die Bindung der mitteleuropäischen Calopteryx-Arten (Odonata, Zygoptera) an den Lebensraum des strömenden Wassers. I. Der Anteil der Larven an der Biotopbindung.- Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie 44: 51-130

Zahner, R. (1960): Über die Bindung der mitteleuropäischen Calopteryx-Arten (Odonata, Zygoptera) an den Lebensraum des strömenden Wassers. II. Der Anteil der Imagines an der Biotopbindung.- Internationale Revue der gesamten Hydrobiologie 45: 101-123

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 24.11.2015; Bearbeiter: Dr. André Günther und Marko Olias (Naturschutzinstitut Freiberg); Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: Heiner.Blischke@smul.sachsen.de

Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm; Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22988.htm