Allgemeine Arteninformationen
Taxonomie
keine Unterarten
Kennzeichen
Der Wespenbussard ist etwa so groß wie ein Mäusebussard. Färbung und Zeichnung sind sehr variabel. Die Oberseite ist meist bräunlich, die Unterseite hell und gefleckt oder dunkel. Adulte Männchen haben einen markanten blaugrauen Kopf. Das Flugbild ähnelt dem des Mäusebussards, der Wespenbussard ist jedoch etwas langflügeliger, außerdem wirkt sein Kopf schmaler und wird im Flug vorgestreckt. Der längere Schwanz hat eine breite dunkle Endbinde und zwei schmalere dunkle Binden an der Schwanzwurzel. Neben dem breiten, dunklen Band am Flügelhinterrand, das besonders beim Männchen auffällt, sind noch ein bis zwei weitere deutlich abgesetzte Bänder auf der Flügelunterseite ausgebildet. Adulte Vögel haben eine auffallend gelbe Iris und gelbe Füße, bei Jungvögeln ist die Iris noch dunkel.
Biologie und Ökologie
Der Wespenbussard brütet bevorzugt in reich strukturierten Lebensräumen des Tief- und Berglandes mit ausgedehnten Laub- und Mischwäldern und einem häufigen Wechsel zwischen Wald und Offenland. Die Hauptnahrung sind Larven und Puppen von Wespen und Hummeln, die entsprechenden Nester werden in Wiesen und an Waldrändern ausgegraben. Daneben ernährt er sich von Amphibien, Reptilien und Kleinsäugern. Die Horste liegen randständig in Altholzbeständen, Auwäldern und Feldgehölzen.
Nach der Paarbildung, zu der es erst im Brutgebiet kommt, wird eine Jahresbrut durchgeführt (Nachgelege sind möglich). Die 1-3 Eier werden 30-35 Tage von beiden Geschlechtern bebrütet. Nach einer Nestlingszeit von 35-40 Tagen und einem Ästlingsstadium von knapp einer Woche sind die Jungtiere selbstständig; der Familienzusammenhalt ist nach dem Flüggewerden nur sehr kurz.
Der Wespenbussard ist ein Langstreckenzieher und fliegt dabei oft in größeren Gruppen. Die Winterquartiere liegen in Äquatorial- und Südafrika.
Überregionale Verbreitung
Der Wespenbussard kommt in den sommerwarmen und niederschlagsarmen Gebieten Europas und weiter östlich bis Westsibirien vor; er fehlt in Irland, Island und Nordskandinavien sowie in Russland nördlich des 65. Breitengrades.
Deutschland wird flächendeckend, zumeist aber in geringen Dichten besiedelt. Gewisse Verbreitungsschwerpunkte zeichnen sich im östlichen Schleswig-Holstein, in der Mecklenburgischen Schweiz, im Wendland, zwischen Lüneburger Heide und Aller, im östlichen Münsterland und in Teilen der zusammenhängend besiedelten Mittelgebirgsregion ab (Eifel, Westerwald, Taunus, Hessisches Bergland, Thüringer Wald, Steigerwald).
Erhaltungszustand
ungünstig-unzureichend
Jagd- und Fischereirecht
Jagdrecht, ohne Jagdzeit
Prüfung und Erfassung
Verantwortlichkeit (Sachsen)
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 3,5 %
Hinweise für Artenschutzprüfung
- Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
- Landkreis als Bezugsraum für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfungen
Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung
Brutvogelaspekt
Untersuchungsstandards
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweis: schwer zu erfassende heimliche Art; aufgrund später Brutzeit bei bereits vollständiger Belaubung ist zudem der Brut-/Nestnachweis schwierig
Sonstige Arten-Attribute
- Kollisionsgefährdete Brutvogelarten nach BNatschG, Anlage 1
- Fokusart im SPA-Management
- Besonders störungsempfindlich (TK25-Viertelquadrant)
- windkraftempfindlich
- Brutvogelart des SPA-Fachkonzeptes (im engeren Sinne, Tab. 1+2)
- Triggerart (Vögel) - Brut
- Brutvogelart der SPA-Erhaltungszieleverordnungen
- Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
- Brutvogelart in den SPA-Standarddatenbögen (neu) - Fortpflanzung
- Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)
Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)
- als Brutvogel: II.5 (hoch)
- als Gastvogel: III.6 (mittel)
Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)
- als Brutvogel: 3 (mittel)
- als Gastvogel: 4 (gering)
Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)
- als Brutvogel: 2 (sehr hoch)
- als Gastvogel: 3 (hoch)
Vorkommen
Status Etablierung
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Status Vögel
Brutvogel
Bemerkung zum Status
Sommervogel, Durchzügler
Nachweisabsicherung
Nein
Langfristiger Bestandstrend
gleichbleibend
Kurzfristiger Bestandstrend
gleichbleibend
Bestand
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 150-300 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 150-300 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 150-300 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 100-250 BP (Expertenschätzung)
Vorkommenskarte
Naturraumkarte
Phänologie
Phänogramm
Erläuterung Phänologie
Erste Frühjahresbeobachtungen liegen in Sachsen im Zeitraum von Mitte April bis Anfang Mai, die Hauptankunft ist erst im Mai. Die Brut beginnt zwischen Mitte Mai und Mitte Juni. Der Abzug beginnt Mitte August, erreicht den Höhepunkt Mitte September und klingt Anfang Oktober aus (Steffens et al. 1998, 2013).
Lebensraum
Der Wespenbussard besiedelt in Sachsen fast alle Naturräume, kommt aber meist nur in geringen Dichten vor. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt im Tief- und Hügelland. Er brütet in abwechslungsreichen Landschaften mit hohem Wald-Offenland-Grenzlinienanteil und oft in Gewässernähe. Er bevorzugt naturnahe Waldgebiete, Auwälder, Flusstäler, Parks und parkähnliche Baumbestände, z. T. auch in der Nähe von Ortschaften. Bei Vorhandensein von Lichtungen, Schonungen und anderen Freiflächen werden großflächige Waldgebiete auch im Inneren besiedelt. Horste befinden sich meist auf Eichen, Fichten, Kiefern, Erlen, Buchen oder Birken.
Lebensräume nach Artenschutzrecht
Fortpflanzungsstätten:
Fortpflanzungsstätte ist der Neststandort (Nestbaum).
Ruhestätten:
Ruhestätten liegen im Bereich des Nestes bzw. Nestbaums oder in dessen unmittelbarer Umgebung.
Habitatkomplexe
- Äcker und Sonderkulturen
- Bergbaubiotope
- Gehölze, Baumbestand
- Grünland, Grünanlagen
- Heiden, Magerrasen
- Ruderalfluren, Brachen
- Wälder
Habitatkomplexe Reproduktion
- Gehölze, Baumbestand
- Wälder
Höhenstufen
Sonstiges
Literatur
Bauer, H.-G.; Bezzel, E. & Fiedler, W. (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes - Nichtsperlingsvögel, 2. Aufl., Wiebelsheim.
Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)
Dürr, T. (2015): Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland - Daten der zentrale Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg, Stand 01.06.2015. Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) des Landes Brandenburg. (Excel-Tabelle 'Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland')
Garniel, A. & Mierwald, U. (2010): Arbeitshilfe Vögel und Straßenverkehr. Schlussbericht zum Forschungsprojekt FE 02.286/2007/LRB der Bundesanstalt für Straßenwesen: „Entwicklung eines Handlungsleitfadens für Vermeidung und Kompensation verkehrsbedingter Wirkungen auf die Avifauna“.
Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.
Glutz von Blotzheim, U. N., Bauer, K. M. & Bezzel, E. (1971): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. - Bd. 4 Falconiformes, Frankfurt am Main.
Hagemeijer, W. J. M. & Blair, M. J. (eds.) (1997): The EBCC Atlas of European Breeding Birds: Their distribution and abundance. London.
Hummitzsch, P. & Ulbricht, J. (1981): Zum Brutvorkommen des Mäusebussards (Buteo buteo [L.]) und des Wespenbussards (Pernis apivorus [L.]) im Elbe-Röder-Gebiet bei Dresden. Faun. Abh. Staatl. Mus. Tierkd. Dresd. 8: 95-106.
Kostrzewa, A. & Speer, G. (Hrsg.) (2001): Greifvögel in Deutschland. Bestand, Situation, Schutz. 2. Aufl., Wiebelsheim.
Mebs, T. & Schmidt, D. (2006): Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Stuttgart.
Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)
Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.
Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.
Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.
Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes
Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 31.08.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle), Dr. Matthias Weber (Heidenau), Heiner Blischke (LfULG)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de