Allgemeine Arteninformationen
Taxonomie
keine Unterarten
Kennzeichen
Der Seeadler ist ein sehr großer Greifvogel mit langen, breiten und brettartigen Flügeln und kurzem, keilförmigen Schwanz. Die Flügelspitzen sind im Flug stark gefingert. Das Gefieder der adulten Individuen ist braun bis dunkelbraun, Kopf und Hals sind gelbbraun, der Schwanz ist weiß. Charakteristisch sind auch der mächtige, gelbe Schnabel und die sehr kräftigen, gelben Füße. Die Jungvögel sind dunkler gefärbt als die Altvögel, auch Schnabel und Schwanz sind noch dunkel.
Biologie und Ökologie
Der Seeadler benötigt fisch- und wasservogelreiche Binnen- und Küstengewässer als Nahrungshabitate. Er brütet in Mitteleuropa auf Bäumen in störungsarmen Altholzbeständen in oder am Rand gewässernaher Wälder, es gibt aber auch Brutplätze, die mehrere Kilometer von Gewässern entfernt sind. Neuerdings werden auch kleinere Gehölze, Baumreihen und Einzelbäume in der offenen Landschaft als Brutplätze angenommen. Horstbäume sind hauptsächlich Kiefern, Buchen, Eichen und Pappeln. Die Bäume müssen in ihrer Krone dem großen und schweren Nest Platz bieten.
Das Paar lebt in einer monogamen Beziehung, wobei es nach Nestkämpfen auch zu Partnerwechseln kommen kann. Männchen und Weibchen bauen und brüten gemeinsam (eine Jahresbrut, Nachgelege sind selten). Die Gelegegröße liegt meist bei 1-2 Eiern, die Brutdauer beträgt 38-42 Tage. Beide Altvögel bringen die Nahrung an den Horst, das Füttern wird überwiegend vom Weibchen übernommen. Die Nestlings- und Ästlingsdauer beträgt 80-90 Tage.
Die Nahrung des Seeadlers ist sehr vielseitig und ändert sich im Jahresverlauf. Gefressen werden vor allem Fische (bis mehrere kg schwer), Wasservögel (bis Gänse-/Reihergröße) und zur Brutzeit deren Küken sowie Säugetiere (Größe von Maus bis Reh). Besonders im Winter wird auch Aas (z. B. Fallwild) genutzt.
In Mitteleuropa sind Altvögel Standvögel, Jungvögel sind Teilzieher. Bevorzugte Überwinterungsgebiete in Deutschland sind Flusslandschaften der Mittleren Elbe und Unteren Oder, die Mecklenburger und Brandenburger Seen und die Ostseeküste.
Überregionale Verbreitung
Der Seeadler ist von Südgrönland und Nordwest-Island über Skandinavien, Schottland und Nordost-Deutschland über fast die gesamte nördliche Paläarktis bis Kamtschatka und Japan verbreitet.
In Deutschland kommt er hauptsächlich im Nordostdeutschen Tiefland vor, wobei das zusammenhängende Verbreitungsgebiet etwa bis zum Stromtal der Elbe und Unteren Mulde reicht. Besiedlungsschwerpunkte sind die Ostseeküste, die Mecklenburgisch-Brandenburgische Seenplatte und die Oberlausitz. Besiedlungsvorposten liegen im Nordwesten an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins und an der Weser und Aller in Niedersachsen; im Südwesten bestehen punktuelle Vorkommen in Thüringen und Bayern.
Erhaltungszustand
günstig
Jagd- und Fischereirecht
Jagdrecht, ohne Jagdzeit
Prüfung und Erfassung
Verantwortlichkeit (Sachsen)
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 10,1 %
Hinweise für Artenschutzprüfung
- Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
- Landkreis als Bezugsraum für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfungen
Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung
Jahresvogelaspekt
Untersuchungsstandards
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Sonstige Arten-Attribute
- Kollisionsgefährdete Brutvogelarten nach BNatschG, Anlage 1
- Besonders störungsempfindlich + herausgehobenes Schutzbedürfnis (TK25-Quadrant)
- windkraftempfindlich
- Brutvogelart des SPA-Fachkonzeptes (im engeren Sinne, Tab. 1+2)
- Triggerart (Vögel) - Brut
- Brutvogelart der SPA-Erhaltungszieleverordnungen
- Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
- Brutvogelart in den SPA-Standarddatenbögen (neu) - Fortpflanzung
- Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)
Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)
- als Brutvogel: II.4 (hoch)
- als Gastvogel: II.5 (hoch)
Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)
- als Brutvogel: 3 (mittel)
- als Gastvogel: 4 (gering)
Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)
- als Brutvogel: 2 (sehr hoch)
- als Gastvogel: 2 (sehr hoch)
Vorkommen
Status Etablierung
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Status Vögel
Brutvogel, Gastvogel
Bemerkung zum Status
Jahresvogel, Wintergast
Nachweisabsicherung
Nein
Langfristiger Bestandstrend
deutliche Zunahme
Kurzfristiger Bestandstrend
deutliche Zunahme
Bestand
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 7 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 30-40 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 70-80 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 85-86 BP (Komplettzählung/belastbare Schätzung)
Vorkommenskarte
Naturraumkarte
Phänologie
Phänogramm
Erläuterung Phänologie
Die Brutvögel sind ortstreu und den größten Teil des Jahres im Brutgebiet anwesend. Im Spätsommer halten sich die Altvögel kaum am Brutplatz auf. Im Oktober kommt es zur Herbstbalz und der Nest(aus)bau wird begonnen. Dann ist die Brutplatzaktivität wieder geringer. Ab Januar beginnt die eigentliche Revierbesetzung, die Brut wird ab Mitte Februar, meist Anfang/Mitte März begonnen. Jungvögel fliegen ab Ende Juni aus (Steffens et al. 2013). Sie verbleiben meist bis zum nächsten Frühjahr im Familienverband. Im Herbst und Winter kann es in bedeutenden Nahrungsgebieten (v. a. an Teichen und größeren Flüssen) zu größeren Ansammlungen kommen, in denen junge und subadulte Vögel überwiegen.
Lebensraum
Der sächsische Besiedlungsschwerpunkt liegt im Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet und erstreckt sich bis zur Königsbrück-Ruhlander und Muskauer Heide sowie in die Randbereiche des angrenzenden Hügellandes. Gebiete westlich der Elbe (Düben-Dahlener Heide, Untere Mulde) wurden erst zu Beginn der 1990er Jahre besiedelt. Der Seeadler brütet in Sachsen meist in unzerschnittenen, störungsarmen Waldgebieten in der Nähe von Teichgebieten, Flachland-Talsperren, Tagebaurestseen und größeren Flüssen. Als Brutplatz bevorzugt er Altholzbestände (> 100 Jahre) und brütet gern in Randlagen zu Freiflächen. Horstbäume sind in Sachsen vor allem Kiefern, daneben auch Fichten, Buchen, Eichen und Pappeln.
Lebensräume nach Artenschutzrecht
Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist der Brutplatz, also der Horstbaum. Aufgrund der Störungsempfindlichkeit der Art, die in der beginnenden Brutzeit im Februar/März besonders hoch ist, ist eine störungsarme Horstschutzzone zu berücksichtigen (300m-Umkreis). Der Seeadler ist in hohem Maße horst- und reviertreu. Innerhalb des Brutreviers gibt es meist auch Wechsel- oder Ausweichhorste, die den Fortpflanzungstätten zuzurechnen sind.
Ruhestätten:
Ruhestätten liegen zur Brutzeit im Bereich des Brutplatzes (Horst, Horstbaum) oder in dessen näherer Umgebung (Schlafbäume in Horstnähe). Auch in den Nahrungs- und Wintergebieten haben Seeadler oft bevorzugte Sitzplätze, die sie regelmäßig aufsuchen. Meist handelt es sich um freistehende oder randständige Totbäume oder Bäume mit toten Ästen, die einen guten Überblick ermöglichen. An Bergbaurestgewässern werden auch unbewachsene Inseln oder Oberkanten von Steilböschungen als Sitzwarten genutzt. Regelmäßig genutzte Sitzwarten gehören auch zu den Ruhestätten.
Habitatkomplexe
- Äcker und Sonderkulturen
- Bergbaubiotope
- Fließgewässer, Quellen
- Gehölze, Baumbestand
- Stillgewässer inkl. Ufer
- Sümpfe, Niedermoore, Ufer
- Wälder
Habitatkomplexe Reproduktion
- Gehölze, Baumbestand
- Wälder
Höhenstufen
Management
Handlungsbedarf aus Landessicht
- Landes-TOP 50-Art für den Artenschutz/das Artenmanagement
Sonstiges
Literatur
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Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.
Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes
Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 01.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle), Dr. Matthias Weber (Heidenau);
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de