Allgemeine Arteninformationen
Taxonomie
keine Unterarten
Kennzeichen
Die Schwarzkopfmöwe ist etwas größer als die nahe verwandte und sehr ähnliche Lachmöwe (Larus ridibundus). Im Brutkleid ist der Kopf bei der Schwarzkopfmöwe bis zum Nacken schwarz, die Lachmöwe hingegen hat eine schokoladenbraune Kopfmaske, die nicht bis zum Nacken reicht. Über und unter dem Auge heben sich bei der Schwarzkopfmöwe weiße augenringartige Sichelflecken kontrastreich ab. Das Gefieder ist oberseits hellgrau und ansonsten überwiegend weiß. Der kräftige Schnabel und die Füße sind scharlachrot gefärbt (bei der Lachmöwe dunkel weinrot). Nur die Außenfahne der äußersten Handschwinge ist schwarz, ansonsten sind die Flügel weiß. Im Schlichtkleid ist der Kopf mit Ausnahme einer dunklen Strichelzeichnung hinter dem Auge weiß und Schnabel und Füße sind matter gefärbt. Im Jugendkleid sind Oberkopf, Nacken und Oberseite bräunlich gefärbt und durch helle Federsäume schuppig gemustert. Schnabel und Füße sind bräunlich.
Biologie und Ökologie
Die Schwarzkopfmöwe brütet an der Küste in Salzwiesen, auf küstennahen Inseln und Schwemmland sowie auf Inseln im Bereich von Flussmündungen. Im Binnenland liegen die Brutplätze auf Inseln und in Verlandungszonen von Seen, Teichen, Altwässern und Abbaurestgewässern sowie in überstauten Bereichen. In Mitteleuropa siedelt sie meist in Kolonien von Lachmöwen, selten auch in Sturmmöwenkolonien. Die Nester werden auf wenig bewachsenen Flächen am Boden angelegt. Die Vollgelege enthalten 2-3 Eier. Nach einer Brutdauer von 23-26 Tagen (eine Jahresbrut) schlüpfen die Jungvögel. Mit 35-40 Tagen sind sie flügge.
Die Schwarzkopfmöwe ist ein Kurzstreckenzieher und überwintert an der europäischen Atlantikküste, an der südlichen Nordsee, im Mittelmeerraum, am Schwarzen Meer und auf dem Meer weit entfernt von den Küsten.
Überregionale Verbreitung
Die Schwarzkopfmöwe kommt heute in fast ganz Europa vor. Früher war sie nur an der Schwarzmeerküste und in Südosteuropa verbreitet. Die Arealerweiterung findet seit den 1950er Jahren nach West-, Nord- und Mitteleuropa sowie nach Russland statt, wobei sie außerhalb der Stammgebiete nur sehr zerstreut und punktuell brütet. Der europäische Gesamtbestand ist mit 120.000 bis 320.000 Brutpaaren (davon ca. 90 % an der nördlichen Schwarzmeerküste) stabil.
In Deutschland gibt es derzeit 310-380 Brutpaare (2005-2009), die sich in wenigen Kolonien konzentrieren (an der Ostseeküste und deren Hinterland, auf den Nordseeinseln und am Unterlauf der Elbe, in Sachsen, Brandenburg, Baden-Württemberg und Bayern).
Erhaltungszustand
ungünstig-unzureichend
Jagd- und Fischereirecht
Jagdrecht, ohne Jagdzeit
Prüfung und Erfassung
Verantwortlichkeit (Sachsen)
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 26,6 %
Hinweise für Artenschutzprüfung
- Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
- Einzelvorkommen als Bezug für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfungen
Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung
Brut- und Gastvogelaspekt
Untersuchungsstandards
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweis: Brutnachweise sind der Avifaunistischen Kommission Sachsens (AKS) zu melden
Sonstige Arten-Attribute
- Besonders störungsempfindlich (TK25-Viertelquadrant)
- windkraftempfindlich
- Brutvogelart des SPA-Fachkonzeptes (im engeren Sinne, Tab. 1+2)
- Triggerart (Vögel) - Brut
- Brutvogelart der SPA-Erhaltungszieleverordnungen
- Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
- Brutvogelart in den SPA-Standarddatenbögen (neu) - Fortpflanzung
- Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)
Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)
- als Brutvogel: II.5 (hoch)
- als Gastvogel: III.6 (mittel)
Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)
- als Brutvogel: 3 (mittel)
- als Gastvogel: 4 (gering)
Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)
- als Brutvogel: 3 (hoch)
- als Gastvogel: 3 (hoch)
Vorkommen
Status Etablierung
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Status Vögel
Brutvogel, Gastvogel
Bemerkung zum Status
Sommervogel, Durchzügler
Nachweisabsicherung
Ja
Langfristiger Bestandstrend
deutliche Zunahme
Kurzfristiger Bestandstrend
deutliche Zunahme
Bestand
Die Schwarzkopfmöwe ist in Sachsen ein seltener und nur an wenigen Orten vorkommender Brutvogel mit jahrweise stark schwankenden Beständen.
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 1-3 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 8-13 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 50-70 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 70-90 BP (Komplettzählung/belastbare Schätzung)
Vorkommenskarte
Naturraumkarte
Phänologie
Phänogramm
Erläuterung Phänologie
Die Schwarzkopfmöwe kommt an den sächsischen Brutplätzen ab Anfang März an. Die Brut beginnt ab Ende April, Junge schlüpfen ab Ende Mai. Mit Beginn der Flugfähigkeit der Jungen werden die Kolonien ab Mitte Juni verlassen. Der Sommer-/Herbstdurchzug beginnt Ende Juni mit Höhepunkt um Anfang September und spätesten Beobachtungen bis November/Dezember. Vereinzelte Überwinterungen kommen vor (Steffens et al. 2013).
Lebensraum
In Sachsen brütet die Schwarzkopfmöwe ausschließlich in Lachmöwenkolonien oder im unmittelbaren Kontakt zu diesen. Besiedelt werden vor allem Inseln mit Lachmöwenkolonien in Bergbaurestgewässern (bislang bedeutendste Ansiedlungen im Raum Delitzsch: Werbeliner See, Kiesgrube Löbnitz), aber auch in Lachmöwenkolonien in Teichgebieten und an Staugewässern im Flachland.
Lebensräume nach Artenschutzrecht
Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist die Brutkolonie.
Ruhestätten:
Zur Brutzeit dürften die Ruhestätten überwiegend in oder nahe der Kolonie liegen. Wie im Brutgebiet sind Schwarzkopfmöwen auch zur Zugzeit häufig mit Lachmöwen (und anderen Möwenarten) vergesellschaftet und dürften wie diese gemeinschaftliche nächtliche Schlafplätze auf der freien Wasserfläche von größeren Stillgewässern aufsuchen.
Habitatkomplexe
- Äcker und Sonderkulturen
- Bergbaubiotope
- Fließgewässer, Quellen
- Stillgewässer inkl. Ufer
Habitatkomplexe Reproduktion
- Bergbaubiotope
- Stillgewässer inkl. Ufer
Höhenstufen
Sonstiges
Literatur
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Dürr, T. (2015b): Vogelverluste an Windenergieanlagen / bird fatalities at windturbines in Europe - Daten der zentrale Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg, Stand 01.06.2015. Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) des Landes Brandenburg. (Excel-Tabelle 'Vogelverluste an Windenergieanlagen in Europa')
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Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes
Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 01.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle), Dr. Matthias Weber (Heidenau);
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de