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Saxicola rubicola (Linnaeus, 1766) / Schwarzkehlchen (Sachsen)

Synonyme


Europäisches Schwarzkehlchen, Saxicola torquata

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
Rote Liste Deutschland:* (derzeit keine Gefährdung)
Rote Liste Sachsen:* (derzeit keine Gefährdung)

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

Die frühere Artbezeichnung war Saxicola torquata (Linnaeus, 1766) mit mindestens 21 Unterarten, davon kam in Mitteleuropa Saxicola torquata rubicola vor (Linnaeus, 1766) (Bezzel 1993). Neuerdings wir die Art in drei Arten aufgeteilt, wobei das Europäische Schwarzkehlchen als eigene Art (Saxicola rubicola) mit 2 Unterarten angesehen wird, davon kommt in Mitteleuropa Saxicola rubicola rubicola vor (Urquhart & Bowley 2002).

Kennzeichen

Das Schwarzkehlchen ist etwas kleiner als ein Sperling. Die Art ähnelt dem Braunkehlchen, wirkt aber kompakter und sitzt aufrechter. Das Männchen ist zur Brutzeit sehr kontrastreich gefärbt. Kopf und Kehle sind schwarz und durch weiße Halsseitenflecken scharf abgesetzt. Die Brust ist leuchtend rostrot und der Bauch rahmfarben. Die Oberseite ist schwarzbraun mit hellbraunen Federsäumen. Besonders im Flug fällt der weiße Fleck an der Flügelbasis auf. Beim Weibchen sind Kopf, Kehle und Oberseite dunkelbraun mit helleren Federsäumen. Die hellen Halsseitenflecke und die Flügelflecken sind unauffälliger und die rostfarbene Brust ist blasser als beim Männchen.

Biologie und Ökologie

Das Schwarzkehlchen besiedelt offene bis halboffene Lebensräume mit niedriger, nicht zu dichter Vegetation sowie Sitz- und Singwarten (z. B. Brachen, Ödländer, Abgrabungsgebiete, Kippen, Sukzessions- und Ruderalflächen, Saumbiotope, Moorränder, Weinberge, Kahlschläge, Heiden). Vielerorts werden wärmebegünstigte, trockene Standorte bevorzugt, das Schwarzkehlchen kommt aber auch in Grabenniederungen, Auen und Marschen vor. Als Bodenbrüter baut es sein Nest in kleinen Vertiefungen nach oben abgeschirmt (z. B. unter Grasbüscheln), bevorzugt an Böschungen.
Das Schwarzkehlchen lebt meist in saisonaler Monogamie, es gibt aber auch Umpaarungen nach der 1. Brut. Es finden 2-4 Jahresbruten statt (selten Schachtelbruten) mit jeweils 3-6 Eiern. Die Brutdauer beträgt 12-14 Tage und die Nestlingsdauer 14-16 Tage.
Als Nahrung dient ein breites Spektrum an Insekten und anderen Wirbellosen.
Das Schwarzkehlchen ist ein Teil- und Kurzstreckenzieher. Die Brutvögel Mitteleuropas ziehen fast alle in den Mittelmeerraum, seltener nach West- und Südwest-Europa. Die Süd-Grenze des Überwinterungsgebietes reicht bis zu den Kanaren, den Oasen der Sahara und Ägypten.

Überregionale Verbreitung

Die Brutverbreitung des Schwarzkehlchens (Saxicola rubicola) liegt vor allem im westlichen und südlichen Europa (bis Nordmarokko) sowie in Teilen Mitteleuropas. In Nord- und Nordost-Europa fehlt die Art größtenteils. Das Schwarzkehlchen kommt im Nordosten seines Areals bis Südnorwegen und Dänemark vor, im Osten bis Polen und zur Ukraine und im Südosten bis zur Türkei.
In Deutschland ist die Verbreitung des Schwarzkehlchens im Wesentlichen auf die Niederungsgebiete beschränkt. Bis in die 1980er Jahre lagen die Schwerpunktvorkommen in den Tiefländern der westlichen Bundesländer, besonders in Rheinland-Pfalz, im Saarland, dem Südwesten Nordrhein-Westfalens sowie den nördlichen und westlichen Bereichen Niedersachsens. In den letzten Jahrzehnten fand eine deutliche Arealerweiterung nach Osten statt. So weist das Nordostdeutsche Tiefland aktuell entlang der Niederungen von Elbe und Saale ein geschlossenes Verbreitungsareal auf, das sich bis in die Lausitz, in die Leipziger Tieflandsbucht und das Thüringer Becken erstreckt. Nordöstlich dieses Bandes wird das Verbreitungsbild in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern wesentlich lückiger. Kleinere Verbreitungsinseln finden sich zudem im Alpenvorland, am Bodensee und am südlichen Oberrhein

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

günstig

Prüfung und Erfassung


Verantwortlichkeit (Sachsen)

Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 2,1 %

Hinweise für Artenschutzprüfung

  • Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
  • Gemeindegebiet als Bezugsraum für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfung

Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung

Brutvogelaspekt

Untersuchungsstandards

Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweise: lange Brutperiode und frühe Eiablage beachten, insbesondere in der Agrarlandschaft Verlagerungen des Brutplatzes bei Folgebruten möglich (Doppelwertung von Revieren vermeiden); in den Brutgebieten kommen oft schon verpaarte Vögel an, deshalb ist die einmalige Beobachtung eines Paares noch nicht als Brutverdacht zu werten

Sonstige Arten-Attribute

  • Brutvogelart des SPA-Fachkonzeptes (im weiteren Sinne, Tab. 3)
  • Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
  • Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)

Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)

  • als Brutvogel: IV.8 (mäßig)
  • als Gastvogel: IV.8 (mäßig)

Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)

  • als Brutvogel: 4 (gering)
  • als Gastvogel: 4 (gering)

Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)

  • als Brutvogel: 5 (mittel)
  • als Gastvogel: 5 (mittel)

Vorkommen


Status Etablierung

Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

Status Vögel

Brutvogel, Gastvogel

Bemerkung zum Status

Sommervogel, Durchzügler

Nachweisabsicherung

Nein

Langfristiger Bestandstrend

  • starker Rückgang
  • deutliche Zunahme

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 2 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 70-120 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 600-1000 BP (Brutvogelkartierung 3)
(deutliche Arealerweiterung und Bestandszunahme in den letzten Jahrzehnten)

2016: 800-1300 BP (Expertenschätzung)

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Naturraumkarte

Naturraumkarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Erläuterung Phänologie

In Sachsen beginnen Ankunft und Durchzug im Frühjahr ab Anfang März (Schwerpunkt Mitte März bis Mitte April). Die Brutzeit erstreckt sich von Anfang April bis Mitte August (Schwerpunkt Mitte April bis Ende Juli). Es finden regelmäßig zwei Jahresbruten statt (Erstbruten ab Mitte März, Zweitbruten ab Ende Mai, auch drei Jahresbruten sind sicher nachgewiesen), so dass noch Mitte September bis Mitte Oktober adulte Individuen mit Jungvögeln auftreten. Die Brutgebiete werden unmittelbar nach dem Flüggewerden der letzten Jungtiere verlassen. Der Wegzug beginnt dementsprechend in der Regel ab August, der Schwerpunkt des Durchzugs liegt im September und Oktober. Wiederholt gab es einzelne Winterbeobachtungen (Steffens et al. 2013).

Lebensraum


Schwerpunktlebensräume des Schwarzkehlchens in Sachsen sind meist trockene offene bis halboffene Habitate der Braunkohle-Bergbaufolgelandschaften und (ehemaligen) Truppenübungsplätze. Besiedelt werden auch wärmebegünstigte Standorte der Niederungsgebiete und Flusstäler im Tiefland (überwiegend < 200 m ü. NN). Bruthabitate sind locker oder spärlich mit kleineren Gehölzen bestandene Brachen, Ränder von Abgrabungen, Kippen, Sukzessions- und Ruderalflächen, Trockenrasen, Frühstadien von Aufforstungen bzw. Gehölzpflanzungen sowie ungenutzte Saumstrukturen in der Feldflur, an Gewässern und an Verkehrswegen. In der Krautschicht finden sich nicht selten Rainfarn, Beifuß, Johanniskraut und Hornklee. Wichtige Habitatbestandteile sind erhöhte Sitz- und Singwarten (größere Einzelstauden, Büsche, zerstreute Pioniergehölze, Zäune um Gehölzpflanzungen) sowie kurzrasige und vegetationsarme Flächen zur Nahrungssuche.

Lebensräume nach Artenschutzrecht

Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist das Brutrevier. Dieses ist 0,3 bis über 3 ha groß (Flade 1994). Schwarzkehlchen sind sehr reviertreu.

Ruhestätten:
Ruhestätten liegen zur Brutzeit im Bereich von Nest und Nestumgebung. Die Art ruht am Boden, in der Bodenvegetation, im üppigen Pflanzenwuchs oder im Buschwerk (Stiefel 1979).

Habitatkomplexe

  • Äcker und Sonderkulturen
  • Bergbaubiotope
  • Fließgewässer, Quellen
  • Grünland, Grünanlagen
  • Heiden, Magerrasen
  • Ruderalfluren, Brachen

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Bergbaubiotope
  • Heiden, Magerrasen
  • Ruderalfluren, Brachen

Höhenstufen

  • collin
  • montan
  • planar

Sonstiges


Literatur

Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)

Bezzel, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Passeres - Singvögel. AULA-Verlag, Wiesbaden.

Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.

Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.

Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)

Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.

Stiefel, A. (1979): Ruhe und Schlaf bei Vögeln. Die Neue Brehm-Bücherei 487. Ziemsen-Verlag, Wittenberg.

Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.

Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.

http://de.wikipedia.org/wiki/Schwarzkehlchen

http://en.wikipedia.org/wiki/European_Stonchat (englische Fassung)

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG

Stand: 02.02.2022

Erstbearbeitung: 27.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Michael Reuter, Hans-Markus Oelerich (Halle)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022

Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.

Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html

Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html

Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html

Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de