Allgemeine Arteninformationen
Taxonomie
Es werden 3 Unterarten unterschieden, in Mitteleuropa brütet die Unterart Turdus torquatus alpestris. Die Nominatform Turdus torquatus torquatus brütet in Nordeuropa und tritt in Deutschland als regelmäßiger Durchzügler auf.
Kennzeichen
Die Ringdrossel ist so groß wie die ähnliche Amsel. Das Männchen hat ein überwiegend schwarzes Gefieder und ein breites weißes, halbmondförmiges Brustband. Mitteleuropäische Brutvögel sind unterseits hell geschuppt und haben hellere, silbrig wirkende Flügel, während die Männchen der nordischen Unterart unterseits vorwiegend schwarz sind. Das Weibchen ist brauner; sein Brustband ist schmaler und bräunlich weiß. Beide Geschlechter haben einen gelben Schnabel mit schwarzer Spitze.
Biologie und Ökologie
Die Ringdrossel ist ein Brutvogel alpiner und subalpiner Gehölzflächen (vor allem der Krummholzzone mit Fichten, Kiefern und Lärchen). Das Weibchen baut das Nest vorwiegend in jungen Fichten (oberhalb der Baumgrenze auch am Boden).
Es werden ein bis zwei Jahresbruten mit meist 4-5 Eiern durchgeführt. Die Brutdauer beträgt 12-14 Tage und die Nestlingsdauer 12-16 Tage. Hauptsächlich das Weibchen brütet, das Füttern wird jedoch von beiden Partnern übernommen. Die Führungszeit der Jungen dauert 2-3 Wochen.
Im Frühjahr und zur Brutzeit dienen hauptsächlich Regenwürmer, zudem Insekten, deren Larven oder auch Schnecken als Nahrung. Im Spätsommer und Herbst werden auch Beeren und andere Früchte gefressen.
Die Ringdrossel ist ein Kurz- bis Mittelstreckenzieher. Hauptüberwinterungsgebiete liegen in Spanien und im Atlasgebirge in Nordafrika.
Überregionale Verbreitung
Die Ringdrossel ist Brutvogel der Hochgebirge und hohen Mittelgebirge Europas (u. a. Pyrenäen, Alpen, Karpaten, Balkan, Kaukasus). Sie kommt auch in den Gebirgen Skandinaviens (Schwerpunkt Norwegen) und auf den Britischen Inseln (Schwerpunkt Schottland) vor. In Nordeuropa ist die Art teilweise auch in tieferen Lagen bis an die Küste verbreitet.
In Deutschland kommt die Ringdrossel vor allem in den Alpen und im Schwarzwald, daneben auch im Bayerischen Wald sowie in lokalen Populationen in den Hochlagen von Harz, Fichtel- und Erzgebirge vor.
Erhaltungszustand
ungünstig-schlecht
Prüfung und Erfassung
Verantwortlichkeit (Sachsen)
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 0,0 %
Hinweise für Artenschutzprüfung
- Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
- Einzelvorkommen als Bezug für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfungen
Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung
Brutvogelaspekt
Untersuchungsstandards
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweise: keine festen Territorien um das Nest; Durchzügler noch bis Anfang/Mitte Mai
Sonstige Arten-Attribute
- Brutvogelart des SPA-Fachkonzeptes (im weiteren Sinne, Tab. 3)
- Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
- Brutvogelart in den SPA-Standarddatenbögen (neu) - Fortpflanzung
- Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)
Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)
- als Brutvogel: III.7 (mittel)
- als Gastvogel: IV.8 (mäßig)
Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)
- als Brutvogel: 3 (mittel)
- als Gastvogel: 3 (mittel)
Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)
- als Brutvogel: 5 (mittel)
- als Gastvogel: 5 (mittel)
Vorkommen
Status Etablierung
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Status Vögel
Brutvogel, Gastvogel
Bemerkung zum Status
lokaler Brutvogel (Sommervogel), Durchzügler
Nachweisabsicherung
Nein
Langfristiger Bestandstrend
gleichbleibend
Kurzfristiger Bestandstrend
gleichbleibend
Bestand
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 1998, 2013):
1975-1988: ca. 10 BP
ab 1990: 10-20 BP
2004-2007: 5-7 BP
2016: 1-2 BP (Expertenschätzung)
Vorkommenskarte
Naturraumkarte
Phänologie
Phänogramm
Erläuterung Phänologie
Die Brutvögel kommen im sächsischen Brutgebiet etwa zwischen Mitte April und Anfang Mai an. Die Eiablage beginnt (Anfang)/Mitte Mai bis Anfang Juni. Flügge Junge wurden vom 08. bis 22.06. nachgewiesen. Bereits im Juli gab es am Fichtelberg meist keine Beobachtungen von Individuen der Brutpopulation mehr (Steffens et al. 1998). Vögel der skandinavischen Unterart ziehen jährlich von Mitte März bis Mitte Mai (Schwerpunkt April) und von Anfang Oktober bis Mitte November durch (Steffens et al. 2013).
Lebensraum
Das einzige beständige Brutvorkommen in Sachsen besteht im Erzgebirge auf dem Fichtelberg. Hier brütet die Ringdrossel in dichten bis lückigen Fichtendickungen sowie im geringwüchsigen Fichtenbaumholz oberhalb 1000 m ü. NN (Steffens et al. 1998). Die Nahrungssuche erfolgt auf kurzgrasigen Wiesen, Kahlschlägen oder ähnlichen Freiflächen. Rastende Durchzügler halten sich meist im offenen Gelände mit Gebüsch oder in der Nähe von Wald- und Gehölzrändern auf.
Lebensräume nach Artenschutzrecht
Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist das Brutrevier. Der Raumbedarf zur Brutzeit beträgt < 2 bis ca. 5 ha (Flade 1994).
Ruhestätten:
Ruhestätten liegen während der Brutzeit im Brutrevier (wahrscheinlich in jungen Fichten). Auf dem Durchzug wird vor allem in Gebüschen genächtigt (Stiefel 1979).
Habitatkomplexe
- Äcker und Sonderkulturen
- Gehölze, Baumbestand
- Grünland, Grünanlagen
- Ruderalfluren, Brachen
- Wälder
Habitatkomplexe Reproduktion
- Gehölze, Baumbestand
- Wälder
Höhenstufen
Sonstiges
Literatur
Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)
Bezzel, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Passeres – Singvögel. AULA-Verlag, Wiesbaden.
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.
Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.
Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)
Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.
Stiefel, A. (1979): Ruhe und Schlaf bei Vögeln. Die Neue Brehm-Bücherei 487. Ziemsen-Verlag, Wittenberg.
Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.
Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.
Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes
Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 27.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Michael Reuter, Hans-Markus Oelerich (Halle)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de