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Carpodacus erythrinus (Pallas, 1770) / Karmingimpel (Sachsen)

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:SG (streng geschützt)
Rote Liste Deutschland:V (zurückgehende Art lt.Vorwarnliste, zurückgehende Pflanzengesellschaften (keine Gefährdungskategorie!))
Rote Liste Sachsen:R (extrem selten)

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

3-4 Unterarten, in Mitteleuropa brütet die Nominatform Carpodacus erythrinus erythrinus (Pallas, 1770)

Kennzeichen

Der Karmingimpel ist ein etwa sperlingsgroßer Singvogel (aber schlanker als ein Sperling) mit kurzem kräftigem Schnabel. Kopf, Brust und Bürzel des ausgefärbten Männchens sind charakteristisch karminrot. Rücken und Flügel sind braun (mit mehr oder weniger rötlichen Bereichen), die Flügel haben zwei unauffällige helle Binden. Weibchen, Jungvögel und einjährige Männchen sind oberseits dumpf olivbraun gefärbt. Sie sind am ehesten mit weiblichen Grünfinken zu verwechseln, haben jedoch im Gegensatz zu diesen zwei schmale, beigeweiße Flügelbinden.

Biologie und Ökologie

Der Karmingimpel ist Brutvogel halboffener Landschaften oder lichter Baumbestände mit reicher Strauch- und üppiger Krautschicht. Er besiedelt gebüschreiche Auenbereiche, Verlandungszonen, Röhrichte, Moore und Feuchtgebiete. An der Küste kommt der Karmingimpel an gebüschreichen Kliffkanten, in Sanddorngebüschen, feuchten Dünengebüschen und Küstenschutzhecken vor. Die Art baut ihr Nest meist im dichten Gebüsch oder Schilf (0,5-2 m hoch). In der Regel kommt es zu einer Jahresbrut mit 4-6 Eiern. Der Karmingimpel führt eine monogame Saisonehe. Die Brutdauer beträgt 11-14 Tage, die Nestlingsdauer 10-13 Tage. Nur das Weibchen brütet, aber beide Geschlechter füttern.
Zur Brutzeit ist der Karmingimpel oft nur kurzzeitig territorial (Nestbau, Brutbeginn) und verhält sich danach häufig unauffällig (keine Nestverteidigung, oft Abwesenheit der Männchen, Nest- und Nahrungsrevier häufig getrennt).
Die Nahrung ist überwiegend pflanzlich, vor allem Samen und Knospen von Büschen und Laubbäumen werden gefressen. Der Anteil tierischer Nahrung ist gering.
Der Karmingimpel ist ein Langstreckenzieher (in den östlichen Populationen auch Mittelstreckenzieher) mit Hauptüberwinterungsgebieten in Nord- und Zentralindien bis Süd- und Südost-China.

Überregionale Verbreitung

Die Brutverbreitung reicht von Mittel- und Nordeuropa bis zur Pazifikküste Kamtschatkas, im Süden lückenhaft bis in die Gebirgssysteme von Kaukasus, Altai und Himalaya. Bis in die 1990er Jahre breitete sich der Karmingimpel westlich nach Mitteleuropa aus, danach kam es hier nur noch zu regionalen Arealveränderungen und Bestandsschwankungen.
Die Vorkommen in Deutschland liegen am Westrand des Brutareals. Eindeutiger Verbreitungsschwerpunkt ist die Ostseeküste von Usedom bis zur Flensburger Förde sowie das Peenetal in Vorpommern. Kleinere Vorkommen(schwerpunkte) liegen an der Unteren und Mittleren Oder, bei Wilhelmshaven, an der Unterelbe, im Drömling, in den Kammlagen des Erzgebirges, in den Hochlagen der Rhön sowie in den Mooren des Alpenvorlandes. Darüber hinaus gibt es nur sehr zerstreute punktuelle Einzelvorkommen in Mittelgebirgen und Flusstälern.

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

nicht bewertet

Prüfung und Erfassung


Verantwortlichkeit (Sachsen)

Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 0,9 %

Hinweise für Artenschutzprüfung

  • Vogelart mit hervorgehobener artenschutzrechtlicher Bedeutung
  • Einzelvorkommen als Bezug für die lokale Population bei artenschutzrechtlichen Prüfungen

Betrachtungsschwerpunkt Artenschutzprüfung

Brutvogelaspekt

Untersuchungsstandards

Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweise: Männchen nur kurzzeitig territorial (während Nestbau und Bebrütungsbeginn sowie später bei Fütterung), während der Brutphase kaum im Revier zu bemerken, Männchen können auch mehrere km entfernt vom Nest singen (hohe Mobilität); Verwechslung von einjährigen Männchen mit Weibchen möglich;
bei Nachweisen abseits bekannter Brutvorkommen Nachweisbestätigung durch die Avifaunistische Kommission Sachsens notwendig

Sonstige Arten-Attribute

  • Brutvogelart des SPA-Fachkonzeptes (im weiteren Sinne, Tab. 3)
  • Vogelart in den SPA-Standarddatenbögen (alt)
  • Vogelart des SPA-Monitorings (Brutvögel)

Mortalitäts-Gefährdungs-Index (MGI)

  • als Brutvogel: III.6 (mittel)
  • als Gastvogel: III.7 (mittel)

Naturschutzfachlicher Wert-Index (NWI)

  • als Brutvogel: 3 (mittel)
  • als Gastvogel: 4 (gering)

Populationsökologischer Sensitivitäts-Index (PSI)

  • als Brutvogel: 4 (relativ hoch)
  • als Gastvogel: 4 (relativ hoch)

Vorkommen


Status Etablierung

Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

Status Vögel

Brutvogel, Gastvogel

Bemerkung zum Status

Brutvogel, Sommervogel (erst seit 1990er Jahren regelmäßiger Brutvogel)

Nachweisabsicherung

Ja

Langfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Bestand

Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 0-3 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 25-50 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 20-40 BP (Brutvogelkartierung 3)

2016: 5-10 BP (Expertenschätzung) 

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Naturraumkarte

Naturraumkarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Erläuterung Phänologie

Ab Mitte Mai erscheint der Karmingimpel in den sächsischen Brutgebieten, der Nestbau beginnt ab Ende Mai. Die Brutzeit liegt im Zeitraum von Anfang/Mitte Juni bis Anfang/Mitte August. Der Wegzug von den mitteleuropäischen Brutplätzen findet rasch nach Ausfliegen der Jungen ab Mitte Juli statt (Letztbeobachtungen Ende Juli bis Anfang/Mitte August; Steffens et al. 2013).

Lebensraum


Der Karmingimpel bewohnt eine Vielzahl von Habitaten. Die Art brütet meist in halboffenen Landschaften oder lichten Baumbeständen mit gut ausgebildeter Strauch- und Krautschicht. Im Binnenland kommt er meist in feuchten Habitaten vor, z. B. in lichten Au- und Bruchwäldern oder Baum- und Buschgruppen in Mooren und Verlandungszonen mit Hochstauden und Röhrichten. In Sachsen werden Bach- und Flussauen, Randzonen von Talsperren, Teichen und Abbaurestgewässern und im Gebirge Quellstellen und Moorwiesen mit Hochstauden und Weidengebüschen besiedelt. Von Relevanz ist vor allem eine gut ausgebildete Gebüschstruktur und nach Möglichkeit ein üppiger, vielfältiger Pflanzenwuchs (daher häufig an feuchten Stellen). Seit ca. 2000 kam es zur Abnahme der sächsischen Bestände, wobei sich offensichtlich nur die Vorkommen in den Hochlagen des Mittel- und Osterzgebirges halten konnten.

Lebensräume nach Artenschutzrecht

Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist das Brutrevier (Raumbedarf zur Brutzeit 0,2 bis > 1 ha, wobei oft Nahrungs- und Nestrevier getrennt sind; Flade 1994).

Ruhestätten:
Die Ruhestätten liegen zur Brutzeit im Brutrevier.

Habitatkomplexe

  • Fließgewässer, Quellen
  • Gehölze, Baumbestand
  • Stillgewässer inkl. Ufer
  • Sümpfe, Niedermoore, Ufer

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Gehölze, Baumbestand
  • Sümpfe, Niedermoore, Ufer

Höhenstufen

  • collin
  • hochmontan
  • montan
  • planar

Sonstiges


Literatur

Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)

Bezzel, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Passeres - Singvögel. AULA-Verlag, Wiesbaden.

Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.

Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.

Mazzucco, K. (1974): Zum Vorkommen des Karmingimpels (Carpodacus erythrinus) in Österreich. - Egretta 17: 53-59.

Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)

Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.

Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.

Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

Offizieller Artensteckbrief des LfULG

Stand: 02.02.2022

Erstbearbeitung: 28.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022

Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.

Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html

Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html

Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html

Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de