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Myotis myotis (Borkhausen, 1797) / Großes Mausohr (Sachsen)

Synonyme


Mausohr

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:SG (streng geschützt)
FFH:FFH-II (Anhang II - Art der FFH-Richtlinie (1992)), FFH-IV (Anhang IV - Art der FFH-Richtlinie (1992))
Rote Liste Deutschland:* (derzeit keine Gefährdung)
Rote Liste Sachsen:3 (gefährdet)

Allgemeine Arteninformationen


Kennzeichen

  • große Fledermausart mit breiter Schnauze und langen breiten Ohren
  • Rückenfell hellbraun, Unterseite grauweiß, fleischfarbenes Gesicht
  • Flügelspannweite 35 – 43 cm
  • Gewicht 20 – 27 g
  • Unterarmlänge 54 – 67 mm

Biologie und Ökologie

  • Wochenstubenquartiere meist in geräumigen Dachstühlen sowie in großen Brücken
  • Sommer-, Männchen- und Paarungsquartiere ebenfalls in Bauwerken, daneben werden Baumhöhlen als Tages- und nächtliche Rastquartiere genutzt
  • Winterquartiere vor allem in ehemaligen Bergwerken und Stollen, daneben in unter- und oberirdischen Mauerspalten
  • Wochenstubenkolonien bestehen in Mitteleuropa meist aus 50 – 1.000 adulten Weibchen
  • die Weibchen bekommen im Jahr ein Junges, selten Zwillinge
  • Jagd in Laub- und Nadelwäldern, bevorzugt in unterwuchsarmen Waldgesellschaften, wo bodenlebende Arthropoden leicht aufgespürt werden können, daneben über frisch gemähten Wiesen und abgeernteten Ackerflächen
  • Die Jagdgebiete können 5 - 15 km, gelegentlich auch weiter vom Tagesquartier entfernt sein.
  • Zwischen Sommer- und Winterquartieren legen Große Mausohren mittlere Entfernungen zwischen 100 und 300 km zurück

Überregionale Verbreitung

  • gesamter europäischer Kontinent vom Mittelmeerraum bis Norddeutschland und Nordpolen und im Osten bis zur Westlichen Ukraine
  • in Deutschland weit verbreitet mit Vorkommensschwerpunkten in den laubwaldreichen Naturräumen Süddeutschlands

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

günstig

Prüfung und Erfassung


Verantwortlichkeit (Auswahl)

In hohem Maße verantwortlich

Relevanz bei Eingriffen

  • Forstwirtschaft
  • Straßenbau
  • Windkraft

Untersuchungsstandards

Wochenstubenquartiere:

  • Zählungen adulter Tiere im Quartier oder beim Ausflug - Ende Mai - Anfang Juni sowie Zählungen adulter und juveniler Tiere im Quartier – Anfang – Mitte Juli
  • besonders bei großen Kolonien kann es günstig sein, die Tiere im Quartier zu fotografieren und auf den Fotos zu zählen
  • zusätzlich Einsatz von Lichtschranken
Winterquartiere:
  • Zählungen sichtbarer Tiere 1-2-mal pro Winterhalbjahr
  • Netzfänge während des Herbsteinfluges Ende August – Ende Oktobe
r
  • zusätzlich Einsatz von Fotofallen
Jagdgebiete und Flugwege
  • akustisch erfassbar, Begehungen mit Ultraschalldetektor im Rahmen von Untersuchungen des Gesamtartenspektrums eines Gebietes, Rufaufzeichnungen für anschließende Analyse der Sonagramme, Sicherung der Rufbelege
  • mindestens 6-8 Begehungen im Zeitraum Ende April bis Anfang September, Begehungsdauer je nach Gebietsgröße mindestens 3 Stunden bis ganznächtlich
  • langfristige bzw. regelmäßige ganznächtliche stationäre akustische Aufzeichnungen, z.B. an potenziellen Leitstrukturen
  • Netzfänge zur Feststellung des Reproduktionsstatus
  • zusätzlich telemetrische Untersuchung zur Suche nach Quartieren und Jagdgebieten sowie zur Untersuchung der Raumnutzung

Sonstige Arten-Attribute

  • Besonders störungsempfindlich (TK25-Quadrant-Sechzehntel)
  • Zielart Biotopverbund (Bundesland)

Vorkommen


Langfristiger Bestandstrend

starker Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend

  • deutliche Zunahme
  • gleichbleibend

Bestand

  • 62 bekannte Wochenstubenkolonien mit 10 - 850 Weibchen
  • 121 bekannte Winterquartiere, in denen meist 1 – 5 Tiere überwintern
  • aktuelle Nachweise auf 289 MTBQ

Verbreitung und Einbürgerung

  • Sachsen ist Reproduktions- und Überwinterungsgebiet
  • Wochenstubenkolonien vor allem in den waldreichen Gebieten des Tief- und Hügellandes
  • einzelne Sommernachweise in den Mittelgebirgslagen
  • der überwiegende Teil der Winterquartiere befindet sich im Mittelgebirgsraum

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


  • waldreiche Gebiete mit meist hohem Laubholzanteil
  • Jagd in unterwuchsarmen Laubwäldern, aber auch in Nadel-Laub-Mischbeständen sowie in den Kiefernforsten des Oberlausitzer Heide- und Teichgebietes; im Offenland über frisch gemähten Wiesen oder Äckern
  • Wochenstubenkolonien besiedeln geräumige Dachböden, darunter oft große Dachstühle, die Hangplatzwechsel innerhalb des Quartiers ermöglichen (z.B. zwischen dem Turm und dem Dachfirst einer Kirche) sowie Mauerspalten in Brückenbauwerken
  • Sommerquartiere einzelner Tiere in Dachböden, Brücken und Baumhöhlen
  • Winterquartiere meist unterirdisch, vor allem in ehemaligen Bergwerkstollen, daneben auch in Kellergewölben sowie oberirdisch in Brückenbauwerken

Lebensräume nach Artenschutzrecht

  • Fortpflanzungsstätten sind Wochenstubenquartiere in Bauwerken (Gebäude, Brücken)
  • Ruhestätten sind Quartiere in Gebäuden, unterirdischen Bauwerken und Baumquartieren
  • Aufgrund der traditionellen Quartiernutzung gelten diese auch dann als Fortpflanzungs- bzw. Ruhestätten, wenn sie vorübergehend nicht besetzt sind.
  • Die lokale Population umfasst eine Wochenstubenkolonie bzw. die Winterschlafgemeinschaft eines Winterquartiers

Habitatkomplexe

  • Gebäude, Siedlungen
  • Gehölze, Baumbestand
  • Grünland, Grünanlagen
  • Höhlen, Bergwerksanlagen
  • Wälder

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Gebäude, Siedlungen

Management


Handlungsbedarf aus Landessicht

  • Landeszielart des Biotopverbundes

Management

  • Quartiererhaltung, ggfs. fledermausgerechte Sanierungen mit fachkundiger Betreuung
  • Sicherung der Störungsfreiheit in Winterquartieren
  • Verzicht auf Pestizide in Land- und Forstwirtschaft
  • Erhaltung von großräumig unzerschnittenen Waldgebieten

Gefährdungen


  • Quartierzerstörungen durch Abriss oder nicht fledermausgerechte Sanierung
  • Einsatz für Fledermäuse toxischer Holzschutzmittel in Quartieren
  • Störungen in Winterquartieren
  • Insektizideinsatz in Forst- und Landwirtschaft
  • zunehmende Lebensraumfragmentierung durch Straßen

Sonstiges


Literatur

Arlettaz, R. (1995): Ecology of the sibling mouse-eared bats (Myotis myotis and Myotis blythii). Zoogeography, niche, competition and foraging. - Martigny, Horus Publishers. Audet, D. (1990): Foraging behaviour and habitat use by a gleaning bat, Myotis myotis (Chiroptera: Vespertilionidae). - J. Mammal. 71 (3): 420-427. Dietz, C., O. v. Helversen & D. Nill (2007): Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. Franckh-Kosmos Verlags GmbH, Stuttgart. Güttinger, R. (1997): Jagdhabitate des Großen Mausohrs (Myotis myotis) in der modernen Kulturlandschaft. – BUWAL-Reihe Umwelt 288. Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft, Bern. Hertweck, K. & B. Plesky (2006): Raumnutzung und Nahrungshabitate des Großen Mausohrs (Myotis myotis) in der östlichen Oberlausitz (Sachsen, Deutschland). – Säugetierkundl. Inf. 5: 651–662. Meschede, A. & K.-G. Heller (2000): Ökologie und Schutz von Fledermäusen in Wäldern. – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 66, Hrsg. Bundesamt für Naturschutz. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (Hrsg.): Atlas der Säugetiere Sachsens. - Naturschutz und Landschaftspflege, 413 S. Schober, W. (2004). Ergebnisse einer 15-jährigen Beringungsstudie an einer Mausohr (Myotis myotis) - Wochenstube. - Nyctalus (N.F.) 9: 295-304. Schober, W & E. Grimmberger (1998): Die Fledermäuse Europas. - Franckh-Kosmos Verlags GmbH & Co., Stuttgart. Schober, W. & Liebscher, K. (1998). Wo überwintern die Mausohren (Myotis myotis) aus den Wochenstuben in Nerchau und Steina? - Veröff. Naturkundemus. Leipzig 16: 41-55. Steffens, R., U. Zöphel & D. Brockmann (2004): 40 Jahre Fledermausmarkierungszentrale Dresden – methodische Hinweise und Ergebnisübersicht. - Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege, 125 S. Zahn, A. & B. Dippel (1997): Male roosting habits and mating behaviour of Myotis myotis. - J. Zool., London 243: 559-674. Zöphel, U. (2006). Auswirkungen einer Holzschutzbehandlung mit DDT in einem Quartierverbund des Großen Mausohrs. - Mitt. sächs. Säugetierfreunde: 29-32.

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

28.11.2010 Ch. Schmidt ; Aktualisierung 17.06.2014 U. Zöphel