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Pipistrellus pygmaeus (Leach, 1825) / Mückenfledermaus (Sachsen)

Synonyme


Pipistrellus mediterraneus (Cabrera, 1904), \"55 kHz-Zwergfledermaus\"

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:SG (streng geschützt)
FFH:FFH-IV (Anhang IV - Art der FFH-Richtlinie (1992))
Rote Liste Deutschland:* (derzeit keine Gefährdung)
Rote Liste Sachsen:3 (gefährdet)

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

  • in den 1990-er Jahren anhand von genetischen Merkmalen sowie von Echoortungsrufen (bei 55 kHz im Gegensatz zur tiefer rufenden Zwergfledermaus) beschrieben

Kennzeichen

  • eine der kleinsten mitteleuropäischen Fledermausarten
  • Rückenfell sandbraun, Unterseite hellbraun, helle abgerundete Ohren
  • Flügelspannweite 18 – 24 cm
  • Gewicht 4 – 7 g
  • Unterarmlänge 27,7 – 32,3 mm

Biologie und Ökologie

  • Wochenstubenquartiere in Spalten in und an Gebäuden sowie in Baumhöhlen
  • Wochenstubenkolonien können bis 1.000 adulte Weibchen umfassen
  • Paarungsquartiere in Baumhöhlen, Fledermauskästen und Gebäuden
  • Winterquartiere oberirdisch in Gebäuden und Baumhöhlen
  • Jagdgebiete vor allem an Gewässerrändern
  • Beutetiere sind vor allem Zweiflügler, Hautflügler und Netzflügler
  • mittlere Entfernung zwischen Jagdgebiet und Tagesquartier 1,7 km
  • bisher wenige Markierungsergebnisse, möglicherweise saisonaler Langstreckenzug zwischen Sommer- und Winterquartier

Überregionale Verbreitung

  • ganz Europa vom Mittelmeerraum bis etwa zum 63. Breitengrad, ostwärts wahrscheinlich bis nach Nordasien
  • in Deutschland weit verbreitet, Nachweise liegen aus den meisten Bundesländern vor

Erhaltungszustand


Erhaltungszustand

ungünstig-unzureichend

Prüfung und Erfassung


Relevanz bei Eingriffen

  • Forstwirtschaft
  • Straßenbau
  • Windkraft

Untersuchungsstandards

Wochenstubenquartiere:

  • Zählungen adulter Tiere beim Ausflug - Ende Mai - Anfang Juni
  • ggfs. Kastenkontrollen
Jagdgebiete und Flugwege:
  • akustisch gut nachweisbar, Begehungen mit Ultraschalldetektor im Rahmen von Untersuchungen des Gesamtartenspektrums eines Gebietes, Rufaufzeichnungen für anschließende Analyse der Sonagramme, Sicherung der Rufbelege
  • mindestens 6-8 Begehungen im Zeitraum Ende April bis Anfang September, Begehungsdauer je nach Gebietsgröße mindestens 3 Stunden bis ganznächtlich
  • langfristige bzw. regelmäßige ganznächtliche stationäre akustische Aufzeichnungen, z.B. an potenziellen Leitstrukturen
  • spezielle Untersuchungsanforderungen für Planungen von Windenergieanlagen (6 Begehungen während des Frühjahrszuges, 7 Begehungen in der Wochenstubenzeit, 10 Begehungen während des Herbstzuges sowie langfristige bzw. regelmäßige ganznächtliche stationäre akustische Aufzeichnungen)
  • Netzfänge zur Feststellung des Reproduktionsstatus
  • zusätzlich Telemetrie zur Suche nach Quartieren und Untersuchung der Raumnutzung

Sonstige Arten-Attribute

  • Besonders störungsempfindlich (TK25-Quadrant-Sechzehntel)

Vorkommen


Langfristiger Bestandstrend

  • Daten ungenügend
  • mäßiger Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend

Daten ungenügend

Bestand

  • 10 bekannte Wochenstubenkolonien umfassen 20 – 231 Alt- und Jungtiere
  • 1 bekanntes Winterquartier in der Sächsischen Schweiz
  • aktuelle Nachweise auf 39 MTBQ

Verbreitung und Einbürgerung

  • Sachsen ist Reproduktions- und Überwinterungsgebiet
  • Vorkommen in allen Naturräumen, der Schwerpunkt liegt jedoch im Tiefland
  • Wochenstubennachweise in Nordwestsachsen, in der Großenhainer Pflege, im Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet sowie im Westlausitzer Hügel- und Bergland
  • Winternachweise bisher nur in der Sächsischen Schweiz

Vorkommenskarte

Vorkommenskarte

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Lebensraum


  • gewässer- und waldreiche Gebiete, von Laub- oder Kiefernwäldern umgebene Teichgruppen, Flussauen mit Auwaldresten, Flusstäler mit angrenzenden Hangwäldern
  • Wochenstubenquartiere in Spalten an Gebäuden (Fassaden und Schornsteinverkleidungen, Sims- und Rolladenkästen, Schindeldach)
  • Paarungsquartiere in Fledermauskästen und hinter loser Borke
  • bisher nur ein bekanntes Winterquartier in einer Felsspalte der Sächsischen Schweiz

Habitatkomplexe

  • Fließgewässer, Quellen
  • Gebäude, Siedlungen
  • Gehölze, Baumbestand
  • Stillgewässer inkl. Ufer
  • Wälder

Habitatkomplexe Reproduktion

  • Gebäude, Siedlungen
  • Wälder

Management


  • Erhaltung von Quartieren in Bauwerken, ggfs. fledermausgerechte Sanierungen mit fachkundiger Betreuung
  • Verzicht auf Pestizide in Land- und Forstwirtschaft
  • Erhaltung bzw. Renaturierung natürlicher Au- und Bruchwälder
  • Erhaltung und Förderung höhlenreicher Altbaumbestände mit mindestens 10 Höhlenbäumen pro ha

Gefährdungen


  • Zerstörungen von Gebäudequartieren durch Abriss oder nicht fledermausgerechte Sanierung
  • Insektizideinsatz in Forst- und Landwirtschaft
  • Quartierverluste durch forstwirtschaftliche Nutzung
  • Betrieb von Windenergieanlagen in der Nähe von Wald- und Gehölzbeständen

Sonstiges


Literatur

Barlow, K.E. (1997): The diets of two phonic types of the bat Pipistrellus pipistrellus in Britain. – J. Zool. Lond. 243: 597 – 609. Barlow, K.E. & G. Jones (1997): Differences in songflight calls and social calls between two phonic types of the vespertilionid bat Pipistrellus pipistrellus. – J. Zool. Lond. 241: 315 – 324. Barlow, K.E. & G. Jones (1997): Roosts, echolocation calls and wing morphology of two phonic types of Pipistrellus pipistrellus. – Z. Säugetierkunde 64: 257 – 268. Barrett, E.M., M.W. Bruford, T.M. Burland, G. Jones, P.A. Racey & R.K. Wayne (1995): Characterization of mitochondrial DNA variability within the microchiropteran genus Pipistrellus: approches and application. – Symp. Zool. Soc. Lond. 67: 377 – 386. Barrett, E.M., R. Deaville, T.M. Burland, M.W. Bruford, G. Jones, P.A. Racey & R.K. Wayne (1997): DNA answers the call of pipistrelle bat species. – Nature 387: 138 – 139. Bartonička T. & Z. Řehák (2004): Flight activity and habitat use of Pipistrellus pygmaeus in a floodplain forest. - Mammalia 68 (4): 365-375. Dolch, D. & J. Teubner (2004): Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus) und Mückenfledermaus (Pipistrellus pygmaeus) in Brandenburg. – Naturschutz und Landschaftspflege in Brandenburg 13 (1): 27 – 31. Davidson-Watt, I. & G. Jones (2006): Differences in foraging behaviour between Pipistrellus pipistrellus (Schreber, 1774) and Pipistrellus pygmaeus (Leach, 1825). - Journal of Zoology, London 268: 55-62. Dietz, C., O. v. Helversen & D. Nill (2007): Handbuch der Fledermäuse Europas und Nordwestafrikas. Franckh-Kosmos Verlags GmbH, Stuttgart. Oakeley, S.F. & G. Jones (1998): Habitat around maternity roosts of the 55 kHz phonic type of pipistrelle bats (Pipistrellus pipistrellus). – J. Zool. Lond. 245: 222 – 228. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie (Hrsg.): Atlas der Säugetiere Sachsens. - Naturschutz und Landschaftspflege, Steffens, R., U. Zöphel & D. Brockmann (2004): 40 Jahre Fledermausmarkierungszentrale Dresden – methodische Hinweise und Ergebnisübersicht. - Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege, 125 S. Zöphel, U., T. Ziegler, A. Feiler & S. Pocha (2002): Erste Nachweise der Mückenfledermaus, Pipistrellus pygmaeus (Leach, 1825), für Sachsen (Mammalia: Chiroptera: Vespertilionidae). – Faunist. Abh. Mus. Tierk. Dresden 22, 26: 411 – 422.

Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

28.11.2010 Ch. Schmidt ; Aktualisierung 17.06.2014 U. Zöphel