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Cladonia arbuscula (Wallr.) Flot. / Sparrige Rentierflechte (Sachsen)

Synonyme


Cladina arbuscula, Cladonia sylvatica

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
FFH:FFH-V (Anhang V - Art der FFH-Richtlinie (1992))
Rote Liste Deutschland:2 (stark gefährdet)
Rote Liste Sachsen:V (zurückgehende Art lt.Vorwarnliste, zurückgehende Pflanzengesellschaften (keine Gefährdungskategorie!))

Bildautor: Volker Otte

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

2 Unterarten in Sachsen:

  • Cladonia arbuscula ssp. mitis (Sandst.) Ruoss 1987
  • Cladonia arbuscula ssp. squarrosa (Wallr.) Ruoss 1987

Kennzeichen

Häufigste Rentierflechte in Sachsen. Man unterscheidet zwei Unterarten. Besonders an offenen, besonnten Standorten zuweilen große Bestände bildend ist ssp. mitis (Sandst.) Ruoss. Auf weniger dürre Standorte konzentriert ist ssp. squarrosa (Wallr.) Ruoss. Reaktionen: K-, P- (ssp. mitis) oder P+ gelb, dann rot (ssp. squarrosa), UV-; Geschmack nicht bitter (ssp. mitis) oder bitter (ssp.squarrosa)

Biologie und Ökologie

  • Langlebige Erdflechte, Ausbreitung durch Bruchstücke und durch Sporen
  • Bildet selten Apothecien aus, sodass ihre Ausbreitung vor allem über Thallusbruchstücke erfolgt. Infolgedesen geschieht die Wiederbesiedelung zerstörter Populationen/Lebensräume nur langsam. Es herrscht Forschungsbedarf bezüglich des weiträumigen Ausbreitungspotentials.
  • Keine Pionierart, sondern Art der späteren Sukzessionsphasen. Benötigt vegetationsfreie Stellen zur Besiedelung. vor allem gegenüber Gräsern (Deschampsia flexuosa, Molinia caerulea)kokurrenzschwach. Verdichtung der Grasbestände in Vielzahl von Habitaten (Heiden, Sandtrockenrasen, lichte Wälder, u.a.) führt zum Verschwinden der Bestände. Auch neophytisches Moos Campylopus introflexus (kann sehr dichte geschlossene Rasen bilden) kann dabei eine Rolle spielen.
  • reagiert empfindlich gegenüber starken Störungen bedingt durch langsames Wachstum. Leichte Störungen können für die Ausbreitung und Erhalt der Bestände förderlich sein.
  • Besiedelung der Standorte mit extrem trockenen, nährstoffarmen und sauren Böden.
  • Wichtiges Mikrohabitat für Wirbellose, vor allem Hornmilben. Von einigen Tierarten in geringeren Mengen als zusätzliche Futterquelle genutzt (Nachtfalterlarven, Wühlmäuse).
  • Hinsichtlich der Mindestpopulation hat diese Art, eine Sonderstellung, da sie aufgrund der klonalen Vermehrung nicht auf eine Vielzahl von Individuen angewiesen ist. Auch Vorkommen mit geringer Individuenzahl haben bei Fortbestehen günstiger Bedingungen eine sehr geringe Wahrscheinlichkeit zu erlöschen.

Überregionale Verbreitung

Cladonia arbuscula ssp. mitis ist nach C. rangiferina die weltweit am weitesten verbreitete Rentierflechte. Sie tritt circumpolar in den nördlichen Teilen Eurasiens und Nordamerikas auf, darüber hinaus im Kaukasus, im Südteil Neuseelands, dem südlichen Südamerika und der Antarktis. Cladonia arbuscula ssp. squarrosa ist im nördlichen Eurasien und Nordamerika weit verbreitet.

Prüfung und Erfassung


Relevanz bei Eingriffen

  • Forstwirtschaft
  • Straßenbau

Untersuchungsstandards

  • Nachweis der Art mit Herbarbeleg
  • Konturendeckung ist bei gut abgegrenzten Polstern oder Matten der visuellen Deckungsschätzung vorzuziehen, da die Art keine flächigen Strukturen, sondern ein Geflecht aus Podetien mit Zwischenräumen ausbildet.
  • Die Bewertung eines Bestandes sollten die Richtlinien nach Hasse & Schröder (2006) erfolgen.
  • Zeitraum der Erfassung: ganzjährig , bei Einbezug konkurrierender Phanerogamen entsprechend angepasste Erfassungszeit
    Relevanz bei Eingriffen
    • Straßen- und Waldwegebau
    • Immissionen
    • Aufforstung/Waldumbau/Kalkungen

    Vorkommen


    Status Etablierung

    Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)

    Nachweisabsicherung

    Ja

    Langfristiger Bestandstrend

    mäßiger Rückgang

    Bestand

    Beide Unterarten sind mit je etwa 40 aktuellen Vorkommen (MTB-Quadranten) bekannt.

    Verbreitung und Einbürgerung

      Vorkommensschwerpunkte von C. arbuscula ssp. squarrosa befinden sich in den Felsgebieten der Sächsischen Schweiz und des Vogtlandes, auf Block- und Bergwerkshalden sowie in Hochmoorem des Erzgebirges als auch in den Sandgebieten der Oberlausitzer Niederung.
      C. arbuscula ssp. mitis ist vorrangig in den Sandgebieten der Oberlausitzer Niederung anzutreffen, kommt jedoch zerstreut auch im oben genannten Verbreitungsgebiet von C. arbuscula ssp. squarrosa vor.

    Phänologie


    Phänogramm

    Phänogramm

    Erläuterung Phänologie

    ganzjährig , bei Einbezug konkurrierender Phanerogamen entsprechend angepasste Erfassungszeit

    Lebensraum


      C. arbuscula ssp. squarrosa: Heiden, Sand- bzw. Silikatmagerrasen, lichte Kiefernbestände (oft schwerpunktmäßig an den Wegrändern), trockene (Dünen- und Felskuppen) als auch feuchte (Hochmoore) Standorte.
      C. arbuscula ssp. mitis: vorherrschende Rentierflechtenart in oft durch Sommerdürre geprägten Habitaten: Dünenkuppen, Heiden, an Waldwegen u. dgl. und kommt auch, im Gegensatz zu anderen Rentierflechten an offen-sonnigen Flächen.

    Habitatkomplexe

    • Fels-/Gesteins-/Offenbodenbiotope
    • Heiden, Magerrasen
    • Moore
    • Wälder

    Ökologische Charakterisierung

    • Moore
    • Nadelwald
    • Offene Landschaft, trockene Habitate
    • Wald besonderer Struktur

    Höhenstufen

    • collin
    • montan
    • planar

    Management


    Beurteilung

    Es bestehen Defizite im Kenntnisstand. Es gab zielgerichtete Erfassungen von Flechten in sächsischen Naturschutzgebieten, jedoch fehlen systematische Untersuchungen der übrigen Gebiete. Die aktuellen Nachweise (außerhalb von Schutzgebieten) beruhen auf Zufallsfunden. Zur Verbesserung des Kenntnisstandes wird das Aufsuchen historischer Fundorte sowie die systematische Erfassung potentieller Standorte in Zusammenarbeit mit der Forstverwaltung empfohlen.

    Management

    • Offenhaltung und Verhinderung der Vergrasung halboffener Gehölzstrukturen, Blockhalden etc.
    • Unterbinden der Kalkung in von der Art besiedelten Waldbeständen

    Gefährdungen


    • Waldnutzungsänderung: Verlust halboffener Gehölzstrukturen mit unvergrastem Boden. Dabei ist C. arbuscula ssp. mitis im Tiefland weniger gefährdet als andere Rentierflechtenarten, wobei Vorkommen dieser Unterart in sächsischen Gebirgen wenig umfangreich und teilweise vom Verschwinden bedroht sind.
    • Immissionen aus Landwirtschaft und Verkehr
    • direkte Vernichtung durch Straßen-und Forstwegebaus

    Sonstiges


    Literatur

    • AHTI, T. (1961): Taxonomic studies on reindeer lichens (Cladonia, subgenus Cladina). – Annales Botanici Societatis Zoologicae Botanicae Fennicae „Vanamo“ 32 (1): 1-157.
    • HASSE, T., SCHRÖDER, E. (2003): Die Flechten der FFH-Richtlinie – Cladonia subgenus Cladina-In: Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000- Ökologie und Verbreitung von Arten der FFHRichtlinie in Deutschland. Band 1: Pflanzen und Wirbellose. Bundesamt für Natuschutz, Schriftenreihe für Landespflege und Naturschutz 69/1: 333-346
    • PURVIS, O. W., COPPINS, B.J., HAWKSWORTH, D.L., JAMES, P.W. & MOORE, D.M. (1992): The lichen flora of Great Britain and Ireland. The British Lichen Society.

    Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes

    Stand: 23.12.2011; Bearbeiter (Senckenberg Museum für Naturkunde Görlitz) : Dr. Volker Otte und Dipl.-Biol. Ulrike Hauptmann