Allgemeine Arteninformationen
Kennzeichen
Mehrjährige krautige Pflanze, aufrecht, 0,6 -1,5 m hoch, gesamte Pflanze nur schwach behaart. Gefingerte Blätter aus 10-15 lanzettlich-spitzen, 3-15 cm langen Teilblättchen. Blütenstand eine aufrechte, bis 50 cm lange Traube mit 50-80 blauen, selten weißen Blüten, Zierpflanzen auch andersfarbig. Behaarte Hülsenfrüchte 2,5-6 cm lang mit 4-12 kugeligen Samen. Verwechslungsmöglichkeit mit L. angustifolius, L. albus und L. hartwegii.
Biologie und Ökologie
Wuchsverhalten: Die Vielblättrige Lupine ist ein Hemikryptophyt. Über die Symbiose mit Knöllchenbakterien erfolgt die Bindung von Luftstickstoff. Blüte zuweilen schon im ersten Jahr.
Vegetative Ausbreitung: besitzt die Fähigkeit zur unterirdischen Ausläuferbildung.
Generative Ausbreitung: Die Bestäubung findet durch Hummeln und andere Bienenverwandte statt. Eine Pflanze kann zwischen 150 und 2.000 Samen bilden. Zur Reifezeit im Juli bis Oktober reißen die Fruchtklappen der Hülsen beim Trocknen explosionsartig auseinander und schleudern die Samen bis 5,50 m weit weg; große und langlebige Diasporenbank (bis zu 50 Jahre keimfähig!).
Verbreitungswege: Eine Fernausbreitung ist durch Weidetiere möglich, die verzehrte Samen nach einer Retentionszeit wieder ausscheiden. Verdriftung auch durch Fahrzeuge und Fahrtwind entlang von Straßen. Selbstausbreitung gering.
Überregionale Verbreitung
Herkunftsgebiet: pazifisches Nordamerika von British Columbia bis Kalifornien; durch den Menschen auch in Nordamerika weiter verbreitet: jetzt auch im mittleren Westen der USA und in den Neuengland-Staaten.
Aktuelle Verbreitung in Europa: wird in vielen europäischen Ländern angesät und verwildert; in Österreich, der Schweiz und Dänemark gilt sie als Problempflanze; in Norwegen ist sie in Ausbreitung begriffen.
Aktuelle Verbreitung in Deutschland: In Deutschland sehr weit verbreitet: kommt in 76 % aller Messtischblätter vor und gehört damit zu den 15 häufigsten Neophyten. Größere Vorkommen finden sich in den silikatischen Mittelgebirgen, besonders im Bayerischen Wald, Fichtelgebirge, Schwarzwald und der Rhön.
Prüfung und Erfassung
Sonstige Arten-Attribute
- Naturschutzfachliche Invasivitätsbewertung für gebietsfremde Gefäßpflanzen (BfN-Skripten 352)
Vorkommen
Status Etablierung
Neobiota, etabliert
Nachweisabsicherung
Nein
Langfristiger Bestandstrend
deutliche Zunahme
Kurzfristiger Bestandstrend
deutliche Zunahme
Verbreitung und Einbürgerung
Einbürgerungszeit: 1829 nach Europa eingeführt, in Deutschland erstmals 1837 angeboten, im 19. Jh. im Leipziger Raum noch nicht verwildert, erste Belege liegen aus dem Jahr 1935 bzw. 1958 vor, bereits von Wünsche & Schorler (1956) als eingebürgert aufgeführt.
Einbürgerungsgrad in Sachsen: Vollständig
Einbürgerungsweise: Verwilderte Zierpflanze; auf bodensauren Standorten häufig als Initialbepflanzung, zur Bodenfestlegung, Gründüngung, als Zwischensaat in Gehölzpflanzungen sowie als Wildfutter ausgebracht.
Vorkommenskarte

Phänologie
Phänogramm

Lebensraum
Lebensraum im Herkunftsgebiet: auf ozeanisch geprägten Bergwiesen bis in 2900 m Höhe
Lebensraum in Sachsen: In der Umgebung der Ansaaten sind Vorkommen auf Straßen- und Eisenbahnböschungen, an Säumen sowie in verlichteten Wäldern und Forsten entstanden. Lupinen sind in Staudenfluren an Waldsäumen, Waldschlägen, Bahndämmen, grasigen Böschungen, Bergbaufolgelandschaft und Kleingartenanlagen eingebürgert. Es besteht die Gefahr, dass sie von Anpflanzungen aus in benachbartes Grünland eindringen.
Ökologische Charakterisierung
- Offene Landschaft
- Wald besonderer Struktur
Höhenstufen
- collin
- hochmontan
- montan
- planar
Management
Beurteilung
Naturschutzfachliche Beurteilung: Der Nährstoffhaushalt wird durch die Lupine stark und nachhaltig verändert: Durch die symbiontische Stickstoff-Fixierung wird der Standort mit Stickstoff angereichert, die tief in den Untergrund wachsenden Wurzeln bringen weitere Nährstoffe in die oberen Bodenschichten. Von der Stickstoffanreicherung im Boden profitieren nitrophile Arten wie Brennnessel, Kletten-Labkraut und Stechender Hohlzahn, während konkurrenzschwächere Arten insbesondere magerer Grünlandgesellschaften verdrängt werden. Lupinen können von Böschungsansaaten an Verkehrswegen aus auch in benachbarte Magerrasen eindringen. Wiesen mit Obergräsern, die etwa gleich hoch wie die Lupine wachsen, sind weniger stark betroffen. Bei Brachfallen von Beständen und wenn sich das traditionelle Mahdregime verändert (z. B. spätere Mahd zum Schutz von Wiesenbrütern) können Lupinen in die Bestände einwandern bzw. hier schnell Dominanz erreichen. Wildschweine suchen Lupinenbestände gern auf und verändern durch Suhlen die Bodenstruktur.
Betroffene Schutzgüter:
• Borstgrasrasen
• magere Frischwiesen
• Trockenrasen
Wirtschaftliche Beurteilung: Das Heu von Wiesen mit Lupinen kann aufgrund der Bitterstoffe an Wert verlieren. Die landwirtschaftliche Nutzung der Bergwiesen oder die sie ersetzende Pflege kann erschwert werden, wenn Wildschweine das Relief durch Suhlen so stark verändert haben, dass die üblichen Mähgeräte nicht mehr eingesetzt werden können.
Negative gesundheitliche Auswirkungen: Die Vielblättrige Lupine ist giftig. Ihr Samen enthält bis zu 3,5% Alkaloide, im Kraut kann der Alkaloidgehalt bis zu 2% betragen. Vergiftungen („Lupinose“) kommen besonders bei Schafen, Pferden, Rindern, aber auch Schweinen durch Verfütterung von Kraut und Samen der Lupine vor.
Fazit für Sachsen: Die Vielblättrige Lupine führt zur Umwandlung schutzbedürftiger Pflanzengesellschaften und verändert nachhaltig die Vegetation zugunsten nitrophiler Arten. Der Handlungsbedarf zur Bekämpfung der Art ergibt sich in zahlreichen Einzelfällen vor allem aus naturschutzfachlicher Sicht, vereinzelt aber auch aus landwirtschaftlichen Belangen.
Management
Präventive Maßnahmen:
• Das Ausbringen von gebietsfremden Pflanzen in der freien Natur ist nach dem Bundesnaturschutzgesetz (§ 40 Abs. 4) grundsätzlich genehmigungspflichtig. Da sich aus Ansaaten von Lupinen auch in angrenzenden Flächen Dominanzbestände bilden können, sollten Ansaaten zur Bodenstabilisierung an Böschungen, zur Bodenverbesserung oder als Futterpflanze in Reichweite schutzbedürftiger Vegetationseinheiten grundsätzlich unterbleiben.
• Zur Früherkennung ist ein systematisches Monitoring von Vorkommen v.a. in der Nähe von gefährdeten Biotopen empfehlenswert (Schmiedel et al. 2015).
• Öffentlichkeitsarbeit
Bekämpfungsstrategien:
Frühzeitige Mahd oder Beweidung vor der Zeit des Fruchtens (Ende Juni / Anfang Juli). Zweiter Nutzungsgang, um der Regeneration der Lupine entgegenzuwirken. Zum Zurückdrängen der Vielblättrigen Lupine kurze Weidegänge mit mind. 1,3 GVE / ha. Rinder sind weniger geeignet als Schafe. Der den Futterwert mindernde Alkaloidgehalt kann durch die Aufnahme rohfaserhaltiger Nahrung ausgeglichen werden. Eine zweimalige Mahd über 3-5 Jahre beseitigt ebenfalls die Vorkommen der Lupine. Später kann die Mahd auf einmal jährlich reduziert werden (Otte & Maul 2005).
Nicht zu empfehlende Maßnahme: Ein Besprühen oder Bestreichen entsprechender Pflanzen mit Herbiziden wie Glyphosat oder Triclorpyr ist aufgrund negativer Auswirkungen auf andere Organismen sowie den Menschen nicht zu empfehlen.
Handlungsbedarf: Insbesondere aufgrund der Langlebigkeit der Diasporenbank sollten Maßnahmen zum Zurückdrängen der Art in schutzwürdigen Bereichen frühzeitig, d.h. bei einer Deckung der Lupine weit unter 50%, ergriffen werden.
Für das Management von Neobiota in Sachsen beachten Sie auch die offiziellen Seiten des Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL): http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm ; insbesondere auch die Arbeitshilfen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34838.htm
Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm ;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/cadenzaweb2014/commands.xhtml?Login.Anonymous</p Meldungen an die Regionalverantwortlichen der Arbeitsgemeinschaft sächsischer Botaniker (AGsB) werden jährlich in die Zentrale Artdatenbank übernommen.
Handlungsbedarf Neobiotamanagement

Handlungsbedarf für ein Management in zahlreichen Einzelfällen vorhanden
Sonstiges
Literatur
Sachsen:
Gutte, P. (2006): Flora der Stadt Leipzig einschließlich Markkleeberg. Weissdorn-Verlag, Jena, 278 S.
Gutte, P., Hardtke, H.-J., & Schmidt, P. (2013): Die Flora Sachsens und angrenzender Gebiete. Ein pflanzenkundlicher Exkursionsführer. Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim, 983 S.
Hardtke, H.-J., Ihl, A. (2000): Atlas der Farn- und Samenpflanzen Sachsens. In: Sächsisches Landesamt für Umwelt und Geologie (Hrsg.): Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege. Dresden. 806 S.
Hardtke, H.-J, Klenke, F. & Müller, F. (2013): Flora des Elbhügellandes und angrenzender Gebiete. Sandstein-Verlag Dresden, 718 S.
Kosmale, S. (1995): 120 Jahre „Vorarbeiten für eine Flora von Zwickau“ und 100 Jahre systematische Beobachtung der Einwanderung und Ausbreitung von gebietsfremden Arten in der Umgebung der Stadt. In: Sächsische Floristische Mitteilungen 3/ 1994-95, S. 55-59.
Weiterführende Literatur:
Kowarik, I. (2010): Biologische Invasionen: Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa. 2. Aufl., Ulmer, Stuttgart. 492 S.
Otte, A., Obert, S., Volz, H. & Weigand, E. (2002): Effekte von Beweidung auf Lupinus polyphyllus Lindl. in Bergwiesen des Biosphärenreservates Rhön. Neobiota 1, S. 101-133.
Schmiedel, D., Wilhelm, E.-G., Nehring, S., Scheibner, C., Roth, M. & S. Winter (2015): Management-Handbuch zum Umgang mit gebietsfremden Arten in Deutschland. Band 1: Pilze, Niedere Pflanzen und Gefäßpflanzen. Naturschutz und Biologische Vielfalt 141/1. Bonn- Bad Godesberg, Landwirtschaftsverlag.
Volz, H. (2002): Kostenbilanzierung zur mechanischen und chemischen Bekämpfung der Neophyten Stauden-Lupine (Lupinus polyphyllus) und Riesenbärenklau (Heracleum mantegazzianum). Gutachten für das Bayerische Landesamt für Umweltschutz, Augsburg. Volz, H. (2003): Ursachen und Auswirkungen der Ausbreitung von Lupinus polyphyllus Lindl. im Bergwiesenökosystem der Rhön und Maßnahmen zu seiner Regulierung. Dissertation.
Volz, H. & Otte, A. (2001): Occurrence and spreading ability of Lupinus polyphyllus Lindl. in the Hochrhoen area (central Germany). In: Kowarik, I. & Starfinger, U. (eds.) Biological Invasions in Germany - a Challenge to Act? BfN-Skripten 32, S. 97-98.
Links:
http://www.neobiota.de/12637.html , abgerufen am 23.02.2015
http://www.floraweb.de/pflanzenarten/artenhome.xsql?suchnr=3524 , abgerufen am 23.02.2015
http://www.floraweb.de/webkarten/karte.html?taxnr=3524 , abgerufen am 23.02.2015
Bearbeitungsstand und Bearbeiter des Artensteckbriefes
Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 05.07.2015; Bearbeiter: Dr. Uta Kleinknecht, Uta Glinka (IVL);
Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: dietmar.schulz@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23411.htm
Informationen zu Neobiota: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/34835.htm