Allgemeine Arteninformationen
Kennzeichen
• schlanke Schlange mit walzenförmigem Körper, flachem Oberkopf und runder Schnauzenspitze, bei der die Oberkante die Unterkante überragt
• Kopf in der Gesamtheit oval und wenig vom Körper abgegrenzt
• größter Durchmesser wird in der Mitte des Körpers erreicht
• kurzer Schwanz der mehr oder weniger spitz zuläuft
• alle Schuppen sind glatt und stets ungekielt, am Kopf kleiner und rundlich, in Richtung Hinterleib länglich und größer, an den Seiten größer als auf der Oberseite
• häufig verwechselt mit Vipera berus aber insgesamt schlanker, nie die für die Kreuzotter typische Kopfzeichnung, außerdem runde Pupille sowie eine bräunliche Iris
• Oberseite und Körperseiten unterschiedliche Färbungen möglich (grau, gelblich, bräunlich, rötlich-rostrot), oft brauner Streifen hinter dem Auge bis zum Hals (selten bis Hinterleib, häufig Auflösung in Einzelflecken)
• braun-schwärzliches Muster auf Hinterkopf (dort meist verschmolzen zu einer kronenähnlichen Form) und Hals
• oft Fleckenreihen auf beiden Seiten auf gleicher Höhe oder schräg gegeneinander versetzt, die sich zu Querstreifen vereinigen können
• selten durchgehendes Muster von Kopf bis Schwanz
• Flecken oft dunkelbraun mit schwarzen Akzenten an deren Rändern
• manchmal heller Mittelstreifen auf Rücken
• geringe Unterschiede zwischen Adult, juvenil sowie Männchen und Weibchen auf der Oberseite
• Unterseite differenzierter, Jungtiere oft ziegelrot, selten grau, Adulte bläulich, gräulich, gelblich oder rötlich, mitunter auch mit schwarzen Sprenkeln und Flecken (auch stellenweise oder gesamte Unterseite schwarz)
• Kopfunterseite hell mit schwarzen Punkten und Strichen
• kleine Art, meistens zwischen 45-65 cm lang, selten größer als 75 cm, kein signifikanter Unterschied zwischen Männchen und Weibchen
Biologie und Ökologie
• tagaktiv
• vorwiegende Aktivität an warmen, sonnigen Tagen
• Verhalten meist unauffällig, gut getarnt, bei Gefahr Absonderung eines stark riechenden Sekrets
• Glattnatter ist eierlegend - lebendgebärend (ovovivipar)
• Sonnenbäder bis zu 3 Stunden, Körpertemperatur optimal bei 29-33 Grad Celcius
• nachts meist nur wenige Zentimeter (ca. 5cm) unter der Erdoberfläche
• je nach Jahreszeit unimodaler (Herbst) oder bimodaler (Sommer) täglicher Aktivitätsrythmus
• Trennung von Sommer- und Winterquartier
• Lebensraumbedarf zwischen 0,5 – 3 ha, Wanderungen der Arten zwischen 200m und 500m während der Wanderperiode (Wechsel von Sommer- und Winterhabitat)
• Winterquartiere trocken, meist Erdlöcher, Felsspalten (auch Mauern)
• manchmal auch mehrere Tiere in einem Quartier
• Bindung an einmal genutzte Winterquartieretagaktiv
• Tagesverstecke:
- in Erdlöchern oder Bauten von Kleinsäugern aber auch im Schatten der Vegetation
• Vergesellschaftungen:
- kommt oft zusammen mit Lacerta agilis, Angius fragilis sowie syntop auch mit Vipera berus und Zootoca vivipara vor
- Überwinterung in einigen Habitaten (Bach- und Flusstäler im Mittelgebirgsraum) zusammen mit Natrix natrix
- in Südwestdeutschland auch syntopes Zusammenleben mit den beiden Smaragdeidechsenarten sowie Zamenis longissimus oder Vipera aspis
• Nahrung:
- größtenteils Eidechsen (hauptsächlich Lacerta agilis), regional auch die Mauereidechse
- auch Blindschleichen, kleine Schlangen (auch eigene Jungtiere der eigenen Art), Spitzmäuse, Wühlmäuse, Langschwanzmäuse
- selten auch Knoblauchskröten, junge Vögel, Eier und Insekten
- Coronella austriaca erstickt die Beute vor dem Verzehr
• Fressfeinde:
- Iltis, Steinmarder, Hermelin, Igel sowie Greifvögel (besonders der Mäusebussard) aber auch Schwarzwild
- Jungtiere auch von Rabenvögeln, Elstern oder Rabenkrähen
- bei hoher Individuendichte auch Kannibalismus
- in Siedlungsnähe Haustiere (meist Katzen)
Überregionale Verbreitung
• ganz Europa (außer: Irland, den überwiegenden Teil Großbritanniens und Nordskandinavien, Korsika, Sardinien und Südspanien bzw. Südportugal)
• nach Osten bis Kasachstan, im Süden am Mittelmeer Verbreitungsgrenze
• in den Pyrenäen auf französischer Seite bis auf 2000m üNN
• im Südosten bis zum Kaukasus, Nord-Iran und im nördlichen Kleinasien
• in Deutschland eher in Mittelgebirgsräumen (klimatisch günstig) im Süden – Südwesten
• in Norddeutschland nur noch vereinzelte Vorkommen
Erhaltungszustand

ungünstig-unzureichend
Prüfung und Erfassung
Sonstige Arten-Attribute
- Zielart Biotopverbund (Deutschland)
Vorkommen
Langfristiger Bestandstrend
starker Rückgang
Kurzfristiger Bestandstrend
- starke Abnahme
- Abnahme mäßig oder im Ausmaß unbekannt
Bestand
54 MTB (29 %)
Verbreitung und Einbürgerung
• Dresdener Elbtal, Oberlausitzer Teich-Heide-Gebiet, Dübener Heide, Erzgebirgsvorland (630 - 660m üNN), Lausitzer Bergland
Phänologie
Erläuterung Phänologie
• erste seltene Vorkommen bereits im Februar, spätestes Auftreten im Mai
• zu diesem Zeitpunkt auch erste Paarungen (selten auch schon in Winterquartieren möglich) und Häutungen, zweite Paarungsphase im August
• Tragezeit ca. 3-4 Monate, erste Jungtiere Anfang August
• Aktivität für rund 7- aber längstens für 8 Monate bis Mitte Oktober und spätestens bis Ende November
• Männchen sind vermutlich eher aktiv als Weibchen, ziehen sich aber im Gegenzug früher in die Winterquartiere zurück
Lebensraum
• breites Spektrum an trockenen, offenen und halboffenen Lebensräumen mit heterogener Vegetationsstruktur
• in Übergangsbereichen zwischen Wald und Offenland
• regional sehr unterschiedliche Habitate besiedelt, mit starker Abhängigkeit vom Mikroklima, häufig wird eine Exposition in südliche – südwestliche Richtung bevorzugt
• häufiger Wechsel von Biotopen auf kleinstem Raum bevorzugt
• Felsen, Steinhaufen, Mauern oder Totholz als Sonnenplatz, extensiv genutzte Flächen, Magerrasen mit offenen Bereichen und angrenzenden Waldrändern, mit Gebüschen durchsetzte Brachflächen, Randbereiche von Mooren, Teich- und Bahndämme, Waldränder (z.B. von lichten Kiefernwälder) und Schonungen
• weitere anthropogen genutzte Areale wie Abbaubereiche und Randbereiche von Siedlungen sowie Ruderalfluren, Auwälder und Sandheiden
Habitatkomplexe
- Fels-/Gesteins-/Offenbodenbiotope
- Gehölze, Baumbestand
- Heiden, Magerrasen
- Ruderalfluren, Brachen
- Wälder
Habitatkomplexe Reproduktion
- Fels-/Gesteins-/Offenbodenbiotope
- Gehölze, Baumbestand
- Heiden, Magerrasen
- Ruderalfluren, Brachen
- Wälder
Management
Handlungsbedarf aus Landessicht
- Landeszielart des Biotopverbundes
Management
• Erhalt der Lebensräume durch Schutz und Pflegemaßnahmen (Zurückdrängen von Sukzession, Erhalt von Waldrändern, Schaffung von Sonnenplätzen, Belassen von Totholz,)
• Vermeidung der Intensivierung der Landwirtschaft und der Aufforstung auf Habitatflächen, auch Rodung von Erstaufforstungen, Schaffung von mosaikartigen Waldlebensräumen mit offenen und halboffenen Flächen
• extensive Bewirtschaftungsweisen der Lebensräume
• Förderung von Kleinstrukturen wie Hecken, Lesesteinhaufen, Trockenmauern usw.
• Sicherung der Lebensräume für die Beutetiere (insbesondere für juvenile Individuen von Coronella austriaca wichtig, da sie sich ausschließlich von anderen jungen Reptilien ernähren)
• Einrichtung von Korridoren und Trittsteinen für den genetischen Austausch von Populationen
• bekannte Winterquartiere (auch in besiedelten Bereichen) sollten erhalten bleiben
• Wiederherstellung einer natürlichen Fließgewässerdynamik, daraus ergeben sich neue offene Teillebensräume für die Glattnatter und deren Beutetiere
Gefährdungen
• Verlust der Lebensräume durch intensivierte Landwirtschaft und Aufforstung von offenen Flächen bzw. Zerstörung der Moore und Heiden
• Verwendung von Bioziden und Nährstoffeinträge (Veränderung der Vegetation und infolge indirekte Abnahme des Nahrungsangebotes durch Schwund von Beutetieren)
• Schwund von beweideten Magerrasen
• Nutzungsaufgabe und die sich damit einstellende Sukzession (erste Sukzessionsstadien bieten gute Bedingungen für die Glattnatter, nach Kronenschluss zu starke Beschattung)
• Entfernen von Hecken, Waldrändern und weiteren Kleinstrukturen (Flurbereinigung) führt zu Lebensraumverlust und Isolation von einzelnen Populationen
• Zerschneidung der Habitate durch Verkehrswege und große landwirtschaftlich genutzte Flächen
• direkte Verfolgung (Tötung aufgrund von Verwechslung mit Viperus berus) und Störung (Freizeitaktivitäten z.B. Klettern) der Glattnatter
Sonstiges
Literatur
- GLANDT, D. (2010): Taschenlexikon der Amphibien und Reptilien Europas. Alle Arten von den Kanarischen Inseln bis zum Ural. - Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim: 633 S.
- GÜNTHER, A. (2005): Reptilien (Reptilia) und Amphibien (Amphibia). - In: GÜNTHER, A., NIGMANN, U., ACHTZIGER, R. & GRUTTKE, H. (Bearb.) (2005): Analyse der Gefährdungsursachen von planungsrelevanten Tiergruppen in Deutschland. - Naturschutz und Biodiversität 21: 176-223
- GÜNTHER, R. (1996): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. - Gustav Fischer (Jena, Stuttgart, Lübeck, Ulm): 825 S.
- PETERSEN, B., ELLWANGER, G., BLESS, R., BOYE, P., SCHRÖDER, E. & SSYMANK, A. (Bearb.) (2004): Das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 2: Wirbeltiere. - Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 69/2, 693 S.
- SCHIEMENZ, H. & GÜNTHER, R. (1994): Verbreitungsatlas der Amphibien und Reptilien Ostdeutschlands (Gebiet der ehemaligen DDR). - Natur und Text (Rangsdorf): 143 S.
- • Bußmann, M., Dalbeck, L., Hachtel, M. & Mutz, T. (2011): Kapitel 4.6 Schlingnatter – Coronella austriaca. In Arbeitskreis Amphibien und Reptilien in Nordrhein-Westfalen in der Akademie für ökologische Landesforschung Münster e.V. (Hrsg.): Handbuch der Amphibien und Reptilien Nordrhein-Westfalens Band 2. Münster: Laurenti Verlag. 1081 - 1106
• Günther, R. & Völkl, W. (1996): Kapitel 9.10 Schlingnatter – Coronella austriaca Laurenti, 1768. In Günther, R. (Hrsg.): Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. Jena: Gustav Fischer Verlag
• Jünemann, M., & Rüblinger, B. (2009): Schlingnatter Coronella austriaca. In Hessische Ministerium für Umwelt, Energie Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.) Natura 2000 praktisch in Hessen – Artenschutz in Dorf und Stadt. Wiesbaden. 324 - 328.
• Völkl, W. & Käsewieter, D. (2003): Die Schlingnatter – ein heimlicher Jäger. Bielefeld: Laurenti Verlag.