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Lestes virens (Charpentier, 1825) / Kleine Binsenjungfer

Rechtlicher Schutz und Rote Liste


Artenschutzrechtlicher Schutzstatus:BG (besonders geschützt)
Rote Liste Deutschland:* (derzeit keine Gefährdung)

Allgemeine Arteninformationen


Taxonomie

In Deutschland tritt ausschließlich die Unterart L. virens vestalis auf, die über große Teile Mittel- und Nordosteuropas verbreitet ist. Die Nominatform L. virens virens besiedelt das westliche Mittelmeergebiet und kommt östlich bis Sizilien vor. Diese Unterart gleicht L. v. vestalis morphologisch, erinnert in der Färbung aber stark an die Südliche Binsenjungfer L. barbarus. Der taxonomische Status der Populationen in Südosteuropa und im asiatischen Teil des Areals ist unklar, hier wurde die Unterart L. v. marikovskii beschrieben.

Kennzeichen

Sehr zierlich gebaute Binsenjungfer (Lestidae). Wie für die Gattung Lestes charakteristisch, haben beide Geschlechter eine metallisch grüne Grundfärbung und große, rechteckige Flügelmale. In der Ruhehaltung breiten die Tiere die Flügel aus. Die Art ist etwas kleiner als die Gemeine Binsenjungfer (Lestes sponsa) und unterscheidet sich von allen anderen einheimischen Binsenjungfern - mit Ausnahme der Südlichen Binsenjungfer (Lestes barbarus) - durch den gelben Hinterkopf, der farblich scharf von der metallisch grünen Kopfoberseite abgesetzt ist. Die Flügelmale der mitteleuropäischen Populationen sind hellbraun mit schmalen weißen seitlichen Begrenzungslinien. Im Gegensatz zu Lestes sponsa und Lestes dryas ist der Hinterleib ausgefärbter Männchen nur auf den Segmenten 9 und 10 am Hinterleibsende blau bereift, nicht aber auf den Segmenten 1 und 2. Daran sind die Tiere schon aus Entfernung gut kenntlich. Die unteren Hinterleibsanhänge der Männchen sind im Gegensatz zu den beiden anderen genannten Arten sehr kurz und gerade. Lestes barbarus ist deutlich größer, besitzt in beiden Geschlechtern zweifarbige Flügelmale und die unteren Anhänge der Männchen sind an den Spitzen nach außen gebogen. Achtung: Südliche Populationen von Lestes virens können wie Lestes barbarus gefärbt sein und ebenfalls zweifarbige Flügelmale besitzen. Die Weibchen der Binsenjungfern sind schwierig zu bestimmen. Kennzeichnend für L. virens ist die Form des Basalstücks des Legeapparates (Ovipositors) und die Färbung der Flügelmale. Es sind aber auch Verwechselungen mit anderen Arten der Gattungen Lestes und Chalcolestes möglich. Larven der Gattung Lestes unterscheiden sich durch die auffällig stark eingeschnürte („gestielte“) Fangmaske von denen anderer Kleinlibellen. Die Bestimmung von Larven und Exuvien auf Artniveau ist im Gelände nicht sicher möglich.

Biologie und Ökologie

Lestes virens besiedelt in Mitteleuropa vorzugsweise besonnte Gewässer mit flachem Wasserstand und lockerer, niedriger bis mittelhoher Vegetation, die meist durch Binsen- und Riedgrasgewächse oder Schachtelhalme gebildet wird. In der Regel weisen die Fortpflanzungsgewässer in ihrem unmittelbaren Umfeld extensiv genutzte oder nutzungsfreie Offenlandlebensräume, wie Seggenriede, Pfeifengraswiesen, Heiden oder Moore, seltener auch lichte Wälder auf (vgl. Sternberg & Röhn 1999). Die Larven leben in Flachwasserzonen in lockerer Vegetation, in flutenden Torfmoosen oder unter Schwimmblättern und ernähren sich vorzugsweise von Kleinkrebsen und Zuckmückenlarven (Wildermuth & Martens 2014).

Ein Teil der geschlechtsreifen Männchen wartet bereits im Umfeld der Gewässer auf zuwandernde Weibchen, so dass nur ein Teil der Männchen einer Population direkt am Gewässer nachgewiesen werden kann. Die Weibchen halten sich überwiegend im weiteren Umfeld der Gewässer auf und kommen nur zu Paarung und Eiablage an die Gewässer. Die Paarung dauert einige Minuten, danach beginnen die Paare im Tandem mit der Eiablage. Später setzten die Weibchen die Eiablage einzeln fort. Diese erfolgt in stehende, häufig bereits abgestorbene Seggen- und Binsenstängel im Bereich der Wasserfläche, seltener auch über trockenem Boden. Die Embryonen entwickeln sich unmittelbar nach der Eiablage und überdauern vor dem Schlupf den Winter in Diapause. Die Entwicklungszeit der Larven beträgt 2-3 Monate (Carchini & Nicolai 1984).

In der mindestens 6 Wochen dauernden Reifezeit (Wildermuth & Martens 2014) entfernen sich die Tiere weit von den Gewässern, so dass die Reifehabitate teilweise in mehr als 1 km Entfernung liegen können (Jödicke 1997). Nach Jödicke et al. (1989) wird die Häufigkeit der Art an einem Gewässer möglicherweise durch die Größenausdehnung und Ausstattung der Reifehabitate mitbestimmt.

Zum Ausbreitungsvermögen liegen keine Informationen vor. Offensichtlich kann die Art innerhalb geeigneter terrestrischer Lebensräume liegende Gewässer schnell besiedeln, währenddessen ungeeignete Lebensräume stärkere Barrieren bilden.

Überregionale Verbreitung

Das Areal erstreckt sich von der Mittelmeerregion des Maghreb über weite Teile Europas bis zum Altai. Die Art fehlt auf den Britischen Inseln und ist nur im äußersten Süden Fennoskandinaviens anzutreffen. Der europäische Mittelmeerraum wird nur lückig besiedelt.

Vorkommen


Langfristiger Bestandstrend

starker Rückgang

Kurzfristiger Bestandstrend

deutliche Zunahme

Phänologie


Phänogramm

Phänogramm

Sonstiges


Literatur

Brockhaus, T. (2005): Kleine Binsenjungfer Lestes virens vestalis Rambur, 1842 – In: Brockhaus, T. & U. Fischer (Hrsg.): Die Libellenfauna Sachsens. – Natur & Text, Rangsdorf: 76-79.

Carchini, G. & Nicolai, P. (1984): Food and time resource partitioning in two coexisting Lestes species (Zygoptera: Lestidae). – Odonatologica 13: 431-466

Günther, A., M. Olias & T. Brockhaus (2006): Rote Liste Libellen Sachsens. – Materialien zu Naturschutz und Landschaftspflege 2006, hrsg. vom Sächsischen Landesamt für Umwelt und Geologie, Dresden, 20 S.

Jödicke, R. (1997): Die Binsenjungfern und Winterlibellen Europas. - Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 631, Westarp-Wissenschaften, Magdeburg: 277 S.

Jödicke, R., Krüner, U., Sennert, G. & Hermans, J. T. (1989): Die Libellenfauna im südwestlichen niederrheinischen Tiefland. – Libellula 8: 1-106

Ott, J. & W. Piper (1998): Rote Liste der Libellen (Odonata). – In: Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste gefährdeter Tiere Deutschlands. – Schriftenreihe für Landschaftspflege und Naturschutz 55: 260–263.

Schorr, M. (1990): Grundlagen zu einem Artenhilfsprogramm Libellen der Bundesrepublik Deutschland. - Societas Internationalis Odonatologica (S.I.O.) Bilthoven.

Sternberg, K. & Röhn, C. (1999): Lestes virens vestalis Rambur, 1842 Kleine Binsenjungfer. In: Sternberg, K. & R. Buchwald (Hrsg.): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 1. – Eugen Ulmer, Stuttgart: 418–429. 

Wildermuth, H. & A. Martens (2014): Taschenlexikon der Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. –Quelle & Meyer Verlag, Wiebelsheim.