Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | BG (besonders geschützt) |
Rote Liste Deutschland: | * (derzeit keine Gefährdung) |
Rote Liste Sachsen: | V (zurückgehende Art lt.Vorwarnliste, zurückgehende Pflanzengesellschaften (keine Gefährdungskategorie!)) |
Im Gesamteindruck sehr hell erscheinende Binsenjungfer mit deutlich zweifarbigem Flügelmal. Der Hinterkopf ist scharf abgegrenzt gelb, wie auch bei der Kleinen Binsenjungfer (Lestes virens), den übrigen Vertretern der Familie fehlt der gelbe Hinterkopf. Die Geschlechter sind ähnlich gefärbt, bei ausgefärbten Männchen sind die blauen Farbelemente auf den Flügelzwischenraum und das letzte Hinterleibssegment beschränkt. Die kontrastreiche Färbung des Flügelmales (außen hell, innen dunkel) ausgefärbter Tiere ist einmalig unter den mitteleuropäischen Binsenjungfern und macht die Art unverwechselbar.
Larven und Exuvien ähneln sehr denen anderer Binsenjungfern und sind im Gelände nicht sicher bestimmbar.
Lestes barbarus ist eine kennzeichnende Art kleiner Flachgewässer bzw. ausgedehnter Flachwasserzonen mit schwankendem Wasserstand und ± dichter Vegetation. Sie ist in ihrem Entwicklungszyklus an ein längeres sommerliches Austrocknen des Reproduktionsgewässers angepasst. Gelegentlich tritt sie als Pionierart an neu entstandenen Temporärgewässern auf.
Die Entwicklung verläuft meist in einjährigem Zyklus (univoltin). Die Eier überwintern in Eidiapause, die Junglarven schlüpfen im März/April und entwickeln sich in meist 8 Wochen zur Schlupfreife, bei hohen Wassertemperaturen kann die Entwicklung bereits nach 4 Wochen abgeschlossen sein. Nach einer Reifephase von 1–2 Monaten kehren die Imagines aus dem weiteren Umfeld zur Fortpflanzung an das Gewässer zurück. Die Eier werden in senkrechte Pflanzenstengel abgelegt. Die Gewässer im Bereich der Eiablagestellen können zu dieser Zeit völlig ausgetrocknet sein und werden erst im Herbst/Winter wieder überschwemmt.
Einige Individuen sind sehr standorttreu, andere können sich weit vom Herkunftsgewässer ansiedeln. Dieser individuell unterschiedliche Wandercharakter wird außerdem von der Umweltsituation beeinflusst: In regnerischen Jahren (hohe Chancen zur Neubesiedlung) ist die Abwanderungsrate der Individuen höher als in trockenen Jahren (geringe Chancen auf neue Gewässer). Damit erweist sich L. barbarus als Wanderopportunist, der sein Ausbreitungsverhalten der jeweiligen Umweltsituation anpasst (Sternberg & Röske 2000).
Holomediterran verbreitete Art. Südliche Arealgrenze verläuft über Nordafrika, den Nahen Osten und das Kaspische Meer bis zum Altai und zur Mongolei. Vom Mittelmeer ausgehend in Europa nördlich bis zur Nord- und südlichen Ostseeküste vorkommend. Fehlt auf den Britischen Inseln. In Südskandinavien nur sporadisches Auftreten.
günstig (Gutachterliche Bewertung)
Die natürlichen Lebensräume in den Überflutungsbereichen der Flüsse sind derzeit in einem ungünstigen Habitatzustand. Es bestehen jedoch zahlreiche Vorkommen in Sekundärhabitaten.
Bestandserhebungen, Gefährdungsanalysen, Priorität 3 (mittlere)
Zu einer vollständigen Erfassung werden mindestens 4 Begehungen empfohlen, davon mindestens 2 während der Schlupfzeit (Mitte Juni bis Mitte Juli) mit Suche nach frisch geschlüpften Imagines und Exuvien. Bei mindestens 2 weiteren Begehungen im August bis Mitte September sollte auf eierlegende Paare geachtet werden. Von einzelnen Individuen beflogene Flachgewässer und nasse Senken sind nicht automatisch als Reproduktionsgewässer anzusehen. Reproduktionsgewässer sind über die Beobachtung mehrerer Tiere am gleichen Ort (Status B – Reproduktion möglich), beobachtete Eiablagen (Status C – Reproduktion wahrscheinlich) oder Funde von Exuvien bzw. frisch geschlüpften Tieren (Status D – Reproduktion nachgewiesen) zu identifizieren. Nachweise von Imagines sind teilweise bis in den Oktober hinein möglich.
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
mäßiger Rückgang
gleichbleibend
Verstreute Vorkommen im Tief- und Hügelland mit gehäuftem Auftreten im Mitteldeutschen Braunkohlerevier. Einzelnachweise liegen bis in die mittleren Lagen des Berglandes vor, ab 500 m üNN nahezu fehlend.
Fortpflanzungsstätten: Primärhabitate sind vermutlich Auentümpel und periodisch überstaute Flächen in den Auen der größeren Flüsse. Gegenwärtig ist die Art in Sachsen überwiegend in Sekundärbiotopen zu finden, vor allem in der Bergbaufolgelandschaft und anderen Abbaugewässern, in der Verlandungszone von Teichen, an Regenrückhaltebecken und Entwässerungsgräben. Die Art kann auch als Pionier an vegetationsarmen, neu entstandenen Flachgewässern auftreten. Einzeltiere werden gelegentlich auch in untypischen Lebensräumen, z. B. Hochmooren gefunden.
Ruhe- und Jagdstätten: Jagd- und Ruhehabitaten stellen die unmittelbare Ufervegetation und stauden- und grasreiche Offen- und Halboffenbiotope im Umfeld der Gewässer dar. Einzelne Individuen können regelmäßig auch weitab von Gewässern gefunden werden.
Hinweise zur Abgrenzung von Populationen: regionale Abstufung unterhalb der Ebene Landkreis (Teichgruppe, Abbaugewässer, Überschwemmungsfläche)
Besondere Bedeutung kommt dem Erhalt großer, regelmäßig reproduzierender Spenderpopulationen zu. Neben der Sicherung der Vorkommen in Sekundärhabitaten hat v. a. die Aufwertung bzw. Neuschaffung großflächiger Habitate in den Flussauen hohe Priorität.
Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 10.02.2014; Bearbeiter: Marko Olias und Dr. André Günther (Naturschutzinstitut Freiberg); Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: Heiner.Blischke@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm; Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22988.htm