Fischreiher
Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | BG (besonders geschützt) |
Rote Liste Deutschland: | * (derzeit keine Gefährdung) |
Rote Liste Sachsen: | * (derzeit keine Gefährdung) |
4 Unterarten, in Mitteleuropa brütet die Nominatform Ardea cinerea cinerea (Linnaeus, 1758)
Der Graureiher ist ein knapp storchengroßer Schreitvogel mit langen Beinen und großem kräftigen, gelblichen Schnabel. Das Gefieder ist oberseits grau und unterseits weiß gefärbt, Hand- und Armschwingen sind schwarz. Hals und Kopf sind überwiegend weiß. Kontrastreich setzen sich die schwarzen Seiten des Oberkopfes sowie zwei lange schwarze Nackenfedern ab, außerdem ist der Vorderhals dunkel gestrichelt. Die Geschlechter sind äußerlich nicht zu unterscheiden.
Der Graureiher besiedelt Lebensraumkomplexe mit größeren Fließ- und Stillgewässern sowie als Nisthabitat geeigneten Baumbeständen, insbesondere Grünlandauen, Teichgebiete und das küstennahe Hinterland.
Er ist Koloniebrüter, es kommen aber auch Einzelbruten vor. Die Nester befinden sich meist hoch auf Laub- und Nadelbäumen, gelegentlich aber auch in Schilfzonen oder Weidengebüschen nahe am Gewässer. In monogamer Saisonehe wird eine Jahresbrut durchgeführt. Das Gelege enthält meist 4-5 (3-8) Eier. Die Brutdauer beträgt 25-28 Tage, die Jungvögel sind mit 42-55 Tagen flügge. Beide Altvögel brüten und füttern. Als Nahrung dienen hauptsächlich Fische (Vorzugsgröße 10-15 cm), daneben Amphibien, Kleinsäuger, Reptilien, Insekten u.a. Wirbellose. Das Nahrungsspektrum variiert regional und saisonal.
Je nach Verbreitungsgebiet ist der Graureiher Stand- und Strichvogel oder Kurzstreckenzieher. Die Zugneigung nimmt in Mitteleuropa nach Nordosten zu. In hoch gelegenen Gebieten überwintern nur einzelne Individuen. Die Überwinterungsgebiete erstrecken sich von den Küsten Mittel-Norwegens, Süd-Schwedens und den britischen Inseln über den Mittelmeerraum bis nach Nord-Afrika (vereinzelt bis südlich der Sahara).
Der Graureiher ist Brutvogel in Eurasien (einschließlich Sachalin, Japan, Java) mit Ausnahme der Tundren, Wüsten, Steppen und Hochgebirge und kommt zudem in Ost- und Süd-Afrika vor. In West-, Mittel- und Osteuropa ist er annähernd flächig verbreitet. Im mittleren und südlichen Skandinavien werden hauptsächlich küstennahe Regionen, in Südeuropa vor allem kleinere, inselhafte Areale besiedelt. Die höchsten Bestandsdichten werden in wasserreichen Tieflandgebieten erreicht.
In Deutschland zeigt der Graureiher eine zerstreute, aber mehr oder weniger flächendeckende Brutverbreitung. Schwerpunkte liegen in den Küstenregionen, entlang größerer Flüsse, in Teichgebieten und pleistozänen Seengebieten Ostdeutschlands sowie im Westteil des Alpenvorlandes. Die größten Kolonien befinden sich an der vorpommerschen Küste zwischen Rügen und Stettiner Haff.
günstig
Jagdrecht, begrenzte Jagdzeit
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 7,7 %
Brut- und Gastvogelaspekt
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Brutvogel, Gastvogel
Jahresvogel (Sommervogel), Durchzügler, Wintergast
Nein
deutliche Zunahme
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 400-800 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 1100-2000 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 1400-2200 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 1714 (Komplettzählung/belastbare Schätzung)
In Abhängigkeit von der Winterhärte werden die Brutplätze in Sachsen ab Februar bis März (April) besetzt. Die Eiablage erfolgt meist Mitte März bis Anfang April, zu Nachgelegen kommt es auch noch im Mai/Juni. Die Jungen schlüpfen ab Mitte April, flügge Jungvögel sind ab Anfang Juni zu beobachten. Die Kolonien werden meist bis Mitte/Ende Juli aufgelöst, danach verteilen sich die Graureiher an günstige Nahrungsgebiete. Der Durch- und Abzug erstreckt sich von September bis November. In Rastgebieten (z. B. an abgelassenen Fischteichen) treten im Oktober/November die größten Individuenzahlen auf. Abhängig von den Witterungsbedingungen überwintern Graureiher in schwankender Zahl. In strengen Wintern gibt es beträchtliche Verluste (Steffens et al. 1998, 2013).
Brutkolonien des Graureihers finden sich in allen Teilen von Sachsen, größere Kolonien beschränken sich jedoch auf das Flachland. Die Art brütet in älteren Baumbeständen (überwiegend auf Eiche, Erle, Pappel und Kiefer) meist in Waldrandnähe, in Hangwäldern oder großen Gehölzgruppen, oft nahe am Wasser oder auf Inseln aber auch bis 30 km von größeren Gewässern entfernt. Vereinzelt kommt es auch zu Schilfbruten in der Verlandungszone von Gewässern. Kleinkolonien und Einzelhorste sind meist nicht dauerhaft. Generell wirken Störungen, menschliche Verfolgung und zunehmend auch Nestprädatoren limitierend auf Dauer und Größe von Brutansiedlungen. Eine Zersplitterung großer Kolonien ist in den letzten Jahren immer öfter zu beobachten.
Die Nahrung wird in Feuchtgebieten, an Fließ- und Standgewässern mit bis zu 0,6 m tiefen Flachwasserbereichen sowie auf landwirtschaftlichen Nutzflächen (besonders Grünland und abgeerntete Äcker) gesucht. Nahrungsflächen liegen bis über 10 km, teilweise bis 30 km von den Brutplätzen entfernt. Außerhalb der Brutzeit ist die Art nahezu flächendeckend an allen Gewässertypen und im Offenland vom Tiefland bis ins Bergland anzutreffen. Überwinterungen finden vor allem an größeren Flüssen, aber auch an Bächen des Berglandes sowie an eisfreien Stillgewässern statt.
Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist die Brutkolonie (Horstbaumbestand) und bei Einzelbruten der Neststandort (Horstbaum).
Ruhestätten:
Schlafplätze befinden sich meist auf Bäumen. Während der Brutzeit übernachten die Graureiher innerhalb der Brutkolonie (auf dem Horst oder auf Ästen in der Umgebung), ansonsten werden bevorzugt kleinere Baumgruppen oder Feldgehölze als Schlafplätze genutzt. Außerdem gibt es Bodenschlafplätze auf inselartigen Schlammbänken (Stiefel 1979). Auch regelmäßig genutzte Rast- und Nahrungshabitate (z. B. Gewässer, Feuchtgebiete, Grünlandflächen) gehören zu den Ruhestätten.
Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Nonpasseriformes – Nichtsingvögel. AULA-Verlag, Wiesbaden.
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Dürr, T. (2015): Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland - Daten der zentrale Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesamt für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz Brandenburg, Stand 01.06.2015. Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz (LUGV) des Landes Brandenburg. (Excel-Tabelle 'Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland')
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.
Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.
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Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)
Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.
Stiefel, A. (1979): Ruhe und Schlaf bei Vögeln. Die Neue Brehm-Bücherei 487. Ziemsen-Verlag, Wittenberg.
Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.
Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.
https://de.wikipedia.org/wiki/Graureiher
Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 31.08.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich, Michael Reuter (Halle)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de