Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | BG (besonders geschützt) |
Rote Liste Deutschland: | * (derzeit keine Gefährdung) |
Rote Liste Sachsen: | R (extrem selten) |
keine Unterarten
Die Brandgans ist ein Entenvogel mit gänseähnlichem Habitus, sie hat eine mittlere Größe zwischen Gans und Ente (Halbgans). Der Kopf ist schillernd schwarzgrün und das übrige Gefieder überwiegend weiß. Über die Brust (am Rücken zusammengehend) verläuft ein breites rostbraunes Band. Das Brustband und die schwarzen Schwung- und Schulterfedern sowie ein schwarzer Bauchstreif setzen sich kontrastreich vom weißen Gefieder ab. Der Schnabel ist rot und die Beine rosa. Die Geschlechter sind ähnlich gefärbt. Das Männchen ist etwas größer und kontrastreicher, zudem hat es zur Brutzeit einen ausgeprägten roten Schnabelhöcker.
Die Brandgans ist in Mitteleuropa überwiegend Küstenvogel (Düneninseln, Speicherköge, Marschen, Salzwiesen an der Nordsee; geschützte Buchten und Boddengewässer an der Ostsee). Im Binnenland werden überwiegend Sekundärhabitate wie Klärteiche und Kiesgruben entlang von Flussläufen besiedelt.
Die Art brütet meist in Höhlen (vor allem in Erdhöhlen, z. B. in Kaninchenbauen), aber auch in Halbhöhlen (in dichter Vegetation, unter Holzstapeln, Steinen, Sträuchern) oder Kunsthöhlen. Teils brütet sie gesellig. Es findet eine Gruppenbalz statt. In monogamer Saisonehe wird eine Jahresbrut mit meist 8-10 Eiern durchgeführt. Die Brutdauer beträgt 29-31 Tage, wobei nur das Weibchen brütet. Mit 45-50 Tagen sind die Jungvögel flügge. Als Nahrung dienen kleine Schnecken, Muscheln und Würmer, seltener Insekten und Wasserpflanzen.
Die Brandgans ist Teil- und Kurzstreckenzieher. In Nordwest-Europa gibt es einen ausgeprägten Mauserzug zum Wattenmeer / zur Elbmündung (ab Mitte Juni, Gipfel Anfang August). Überwinterungsgebiete europäischer Brutvögel sind die südliche Nordsee, die Atlantikküsten und das Mittelmeer.
Das Brutareal der Brandgans erstreckt sich von Nordwesteuropa über kleinere isolierte Vorkommen im Mittelmeerraum und am Schwarzen Meer bis in die zentralasiatischen Steppengebiete (östlich bis zur Mongolei). In Europa brütet sie größtenteils in Küstengebieten (vor allem an der Atlantikküste, der Nordsee und der westlichen Ostsee), in Zentralasien werden überwiegend salzige und brackige Steppengewässer bewohnt.
In Deutschland liegt der eindeutige Verbreitungsschwerpunkt an der Nordsee, etwa zwei Drittel des deutschen Bestandes brüten auf den Inseln und an der Wattenmeerküste. Im küstennahen Binnenland sind vor allem die Flussmarschen an Ems, Weser und Elbe sowie Schleswig-Holstein fast vollständig besiedelt. An der Ostseeküste ist die Brandgans weniger zahlreich als an der Nordsee und brütet hier vor allem in geschützten Buchten und an Boddengewässern. Von der Nordsee dringt sie entlang der großen Flusstäler ins Binnenland vor und brütet dort auch (insbesondere am Niederrhein und an der Elbe; an der Elbe in größerer Dichte bis etwa Magdeburg, in geringerer Dichte bis Nordwestsachsen und entlang der Unteren Saale). Darüber hinaus gibt es separierte Binnenlandvorkommen, z. B. zwischen Dümmer und Weser sowie am Mittellandkanal in Niedersachsen und an der Mittleren Oder in Brandenburg sowie einzelne punktuelle Vorkommen in Süddeutschland (z. B. Rheintal südlich Mainz, Staustufen am Unteren Inn).
nicht bewertet
Jagdrecht, ohne Jagdzeit
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 0,1 %
Brutvogelaspekt
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweise: bei Erfassung auf Geschlechter achten, Nichtbrüter von Brutpaaren unterscheiden, Nachweisabsicherung möglichst durch direkten Brutnachweis (insbesondere Junge führende Altvögel)
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Brutvogel, Gastvogel
lokaler Brutvogel (Sommervogel), Durchzügler, (Wintergast), Gefangenschaftsflüchtling
Ja
deutliche Zunahme
deutliche Zunahme
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 0 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 0 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 6-10 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 6-10 BP (Expertenschätzung)
Die Brandgans besetzt die Binnenlandbrutplätze an der Elbe Ende Februar/Anfang März. Zur Eiablage kommt es erst Ende April/Anfang Mai. Ab Anfang Juni können erste Paare mit Dunenjungen beobachtet werden (Steffens et al. 2013). Vor Etablierung der sächsischen Brutvorkommen lagen die Frühjahresbeobachtungen von Durchzüglern selten im März, vor allem aber im April/Mai und die Herbstbeobachtungen zwischen August/September und November/Anfang Dezember (Steffens et al. 1998).
Die Brandgans brütet an Stillgewässern entlang der Elbe, insbesondere an Altwässern und Kiesseen im Riesa-Torgauer Elbtal sowie an (meist größeren) Tagebaurestgewässern im Raum Leipzig. Die Brutplätze befinden sich im Bereich steiler Böschungen mit geeigneten Erdhöhlen (z. B. Kaninchen- oder Fuchsbaue), die auch in einiger Entfernung vom Gewässer liegen können. Auf dem Durchzug und zur Nahrungssuche ist die Brandgans vor allem an Flachgewässern und Gewässern mit flachen, vegetationsarmen oder kurzgrasigen Ufern, insbesondere an abgelassenen Teichen, auf Schlammflächen an Altwassern, in Überschwemmungsbereichen der Flussauen, in Buhnenfeldern und an Gleithängen der Flüsse (z. B. Elbe, Mulde) sowie an Flachufern und Spülflächen von Tagebaurestgewässern anzutreffen.
Fortpflanzungsstätten:
Fortpflanzungsstätte ist der Brutplatz, also meist die Bruthöhle. Die Brandgans hat kein Nestrevier. Ihr Aktionsradius kann mehrere km groß sein (Flade 1994). Aus diesem Grunde ist eine enge Abgrenzung der Fortpflanzungsstätte sinnvoll.
Ruhestätten:
Die Bruthöhle ist auch Ruhestätte. Ruhestätten in Rast- oder Nahrungshabitaten sind zum Stehen geeignete Flachwasserbereiche, flache Sand- und Kiesinseln, Spülflächen, Schlamm- und Schlickflächen, abgelassene Teiche sowie periodische Inseln in überfluteten Grünlandauen sowie Grünlandflächen im direkten Umfeld von Rastgewässern. Paare besetzen vom Spätwinter bis zum Schlupf der Jungen Nahrungsterritorien (im Mittel 2,8 ha, Tagesreviere im Mittel 1,7 ha, Bezzel 1985). Nahrungsgewässer, zu denen auch die Jungen nach dem Schlupf geführt werden, können weit entfernt vom Brutplatz liegen (meist bis 3 km) (Südbeck et al. 2005). Dort werden die Jungtiere oftmals unter Führung nur eines Altvogels aufgezogen. Die Paare schlafen vor und nach der Brutzeit in den besetzten Nahrungsterritorien (Stiefel 1979), das gilt mit Sicherheit auch für die Familienverbände in den Aufzuchtrevieren. Regelmäßig genutzte Nahrungshabitate, Aufzuchtreviere, Mausergewässer und Rastgewässer während der Zugzeiten sind als Ruhestätten einzustufen.
Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)
Bezzel, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Nonpasseriformes – Nichtsingvögel. AULA-Verlag, Wiesbaden.
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.
Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.
Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)
Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.
Stiefel, A. (1979): Ruhe und Schlaf bei Vögeln. Die Neue Brehm-Bücherei 487. Ziemsen-Verlag, Wittenberg.
Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.
Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.
http://de.wikipedia.org/wiki/Brandgans
Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 19.05.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de