Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | SG (streng geschützt) |
Vogelschutzrichtlinie Schutzstatus: | VRL-Anh.I (Art des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie) |
Rote Liste Deutschland: | * (derzeit keine Gefährdung) |
Rote Liste Sachsen: | * (derzeit keine Gefährdung) |
keine Unterarten
Der Rotmilan ähnelt dem Schwarzmilan, beide Arten haben als einzige heimische Greifvogelarten den milantypischen gegabelten Schwanz. Der Rotmilan ist aber etwas größer als der Schwarzmilan (mit längeren Flügeln sowie längerem und tiefer gegabeltem Schwanz, daher auch „Gabelweihe“) und viel kontrastreicher gefärbt. Altvögel haben einen hellgrauen Kopf, einen braunen Rücken, rostrote Oberflügeldecken, eine längsgestreifte, rostrote Unterseite und einen ähnlich gefärbten Gabelschwanz, der das charakteristische Flugbild der Art kennzeichnet. Zudem tragen die Flügelunterseiten ein typisches helles Feld im Bereich der Handschwingen. Die Jungvögel ähneln den Altvögeln, erscheinen aber heller gefärbt.
Der Rotmilan brütet in offenen und reich gegliederten Landschaften vom Tiefland bis ins mittlere Bergland (meist unter 600 m ü. NN). Als Horststandorte werden lichte Randlagen von Laubwäldern, Feldgehölze und Baumreihen gewählt, bei entsprechendem Nahrungs- und Brutplatzangebot ist auch kolonieartiges Brüten möglich. Er ist weniger als der Schwarzmilan an Gewässer gebunden und jagt ausschließlich über Offenlandflächen (Äcker, Grünland, Mülldeponien, Gewässer, Siedlungsränder).
Rotmilane ernähren sich hauptsächlich von kleineren Säugetieren (Maus- bis Hasengröße), Vögeln (bis Hühnergröße), Fischen, Amphibien, Reptilien und Aas. In saisonaler Monogamie oder in Dauerehe wird eine Jahresbrut durchgeführt (Nachgelege bei Störung oder Brutverlust sind möglich). An günstigen Standorten wird in der Regel alljährlich dasselbe Nest benutzt. Beide Altvögel beteiligen sich am Horstbau, am Brüten und an der Versorgung der Jungen. Die Gelegegröße liegt meist bei 2-3 Eiern. Nach einer Brutdauer von 31-38 Tagen werden die Jungvögel zunächst 14 Tage vom Weibchen gehudert. Die Nestlingsdauer beträgt insgesamt 45-50 Tage.
In Mitteleuropa ist der Rotmilan Kurzstreckenzieher. Überwinterungsgebiete liegen in Südwesteuropa und im nördlichen Mittelmeergebiet. Ein Teil der Rotmilane überwintert im Brutgebiet.
Im Vergleich zum Schwarzmilan hat der Rotmilan nur ein kleines Verbreitungsgebiet in der westlichen Paläarktis. Er ist von Nordmarokko, dem westlichen Mittelmeerraum und Großbritannien über Südschweden und Mitteleuropa bis zur Ukraine und Weißrussland verbreitet. Das Hauptvorkommen liegt in Spanien und Mitteleuropa.
In Deutschland brütet mit 12.000-18.000 Brutpaaren (2005-2009) etwa die Hälfte des Rotmilan-Weltbestands. Er kommt in allen Bundesländern mit Schwerpunkt in Ostdeutschland vor, das geschlossene Verbreitungsgebiet dünnt aber im Nordwesten (Nordwestdeutsches Tiefland) und im östlichen Bayern stark aus. Die höchsten Dichten werden in Sachsen-Anhalt und Nordwest-Sachsen erreicht. Darüber hinaus sind das Thüringer Becken und Teile der westlichen Mittelgebirgsregion sowie das südliche Baden-Württemberg dicht besiedelt.
günstig
Jagdrecht, ohne Jagdzeit
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 7,9 %
Brutvogelaspekt
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Brutvogel, Gastvogel
Sommervogel (Jahresvogel), Durchzügler
Nein
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 200-350 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 800-1100 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 1000-1400 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 1000-1400 BP (Expertenschätzung)
Rotmilane besetzen die sächsischen Brutgebiete ab Mitte/Ende Februar, die Rückkehr aller Tiere kann sich jedoch noch mehrere Wochen hinziehen. Eiablage und Brut beginnen Ende März (Höhepunkt Mitte April). Nach dem Flüggewerden bleiben Jungvögel noch bis zu 3 Wochen am Geburtsplatz, danach ziehen sie in der Umgebung umher. Ab Anfang September ziehen die Jungvögel ins Winterquartier ab, die Altvögel folgen Ende September/Anfang Oktober (bis November). Vor allem während des Durchzuges im September/Oktober kommt es zu Ansammlungen in günstigen Nahrungshabitaten und an Schlafplätzen. Relativ wenige Individuen überwintern in Sachsen (Steffens et al. 2013).
Der Rotmilan besiedelt ganz Sachsen mit Schwerpunkt im Tiefland. Die obersten Berglagen und das Innere großflächig geschlossener Waldgebiete werden weitgehend gemieden. Die höchsten Siedlungsdichten werden im nordwestsächsischen Tiefland und hier vor allem in den Flusstälern von Mulde und Elbe erreicht. Rotmilane brüten in randständigen Altholzbeständen von Wäldern, in Feldgehölzen, Baumreihen und Einzelbäumen, die an weiträumige Ackerlandschaften und Flusstalauen grenzen. Gelegentlich werden auch siedlungsnahe Brutstandorte angenommen (z. B. Parks mit altem Baumbestand). Bevorzugte Horstbäume sind im Tiefland Pappel, Kiefer und Eiche. Die Nahrungssuche findet auf Feldern, Grünländern, an Straßen, Müllplätzen und Abfallentsorgungsanlagen, an Kläranlagen, Teichen und Siedlungsrändern statt.
Fortpflanzungsstätten:
Fortpflanzungsstätte ist der Brutplatz bzw. Neststandort (Horstbaum). Der Rotmilan ist sehr reviertreu. Günstige Neststandorte werden oft über Jahre genutzt, bei Störungen werden Ausweichhorste in der näheren Umgebung bezogen, die den Fortpflanzungsstätten zuzurechnen sind.
Ruhestätten:
Ruhestätten liegen zur Brutzeit im Bereich des Brutplatzes (Horst, Horstbaum) oder in dessen näherer Umgebung (Schlafbäume in Horstnähe). Auch außerhalb der Brutzeit werden Tagesruhe- und Schlafbäume genutzt. Nach der Brutzeit und vor allem während des Herbstzuges finden sich teils individuenstarke Schlafplatzgemeinschaften zusammen (auch gemeinsam mit Schwarzmilan), die meist in Altbaumbeständen in oder am Rand der Feldflur (Feldgehölze, Baumreihen, Waldränder) übernachten. Vor dem eigentlichen Aufsuchen der Übernachtungsplätze werden teilweise Vorsammelplätze auf Gittermasten von Hochspannungsleitungen bezogen.
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Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 01.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle), Dr. Matthias Weber (Heidenau)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an: Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de