Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | SG (streng geschützt) |
Vogelschutzrichtlinie Schutzstatus: | VRL-Anh.I (Art des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie) |
Rote Liste Sachsen: | nb |
keine Unterarten
Der Stelzenläufer ist ein kontrastreich schwarz-weiß gefärbter Watvogel mit extrem langen roten Beinen und mehr als kopflangem, dünnem Schnabel. Die Beine überragen im Flug deutlich den Schwanz. Adulte Männchen haben dunkle Bereiche und Flecken an Hinterkopf und Nacken (dieses Merkmal ist jedoch relativ variabel und kann auch bei Weibchen auftreten). Flügel und Rückenmantel sind beim Männchen tiefschwarz, das übrige Gefieder ist weiß. Bei Weibchen und unausgefärbten Individuen ist der Rückenmantel dunkelbraun. Jungvögel haben blassrote Beine, ihre Oberseite ist dunkelbraun und durch helle Federsäume gemustert.
Der Stelzenläufer kommt an Küsten und im Binnenland vor. Er besiedelt offene Gewässer mit Flachwasserbereichen, Schlamm- oder Sandbänken und vegetationsreichen Abschnitten (u. a. küstennahe Lagunen, Verlandungszonen flacher Seen, naturnahe Ufer großer Flüsse, Überschwemmungszonen von Flussmündungen und kleinere Gewässer in Sümpfen und Heidegebieten). Er brütet auch an anthropogen geschaffenen Gewässern (z. B. Salinen, Tagebauseen, Spülflächen, Klär- und Fischteiche).
Der Stelzenläufer brütet einzeln oder in lockeren Kolonien am Boden in meist dichter Vegetation nahe von seichtem Wasser, bevorzugt auf flachen Inselchen. Es wird eine Jahresbrut durchgeführt. Das Vollgelege enthält 3-4(5) Eier, die 21-24 Tage bebrütet werden. Die Jungvögel sind Nestflüchter, mit 28-32 Tagen sind sie flugfähig.
Die Nahrung besteht aus Wasserinsekten und kleinen Krebstieren, auch Froschlaich, Kaulquappen und kleine Fische werden gefressen. Der Stelzenläufer ist ein Zugvogel, dessen Winterquartiere hauptsächlich südlich der Sahara, aber auch in Südeuropa, Nordafrika und Vorderasien liegen.
Der Stelzenläufer tritt in weiten Teilen Afrikas als Brutvogel auf, inselartig zerstreut brütet er auch im südlichen Europa. Zudem ist er in Vorder-, Zentral- und Südasien verbreitet. Siedlungsschwerpunkte in Europa liegen in Spanien und im Süden der Ukraine und Russlands.
In Deutschland gibt es spontane Bruten oder Brutversuche von Einzelpaaren ohne langfristige Ansiedlungen in den meisten Bundesländern mit Schwerpunkt im Norddeutschen Tiefland. Zu Brutnachweisen kommt es vor allem in Jahren mit stärkeren Einflügen in Folge von Trockenheit oder Bestandszunahmen in Südwesteuropa.
nicht bewertet
Brut- und Gastvogelaspekt
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweis: Nachweise sind der Avifaunistischen Kommission Sachsens (AKS) zu melden.
Unbeständige, Vermehrungsgäste
Brutvogel
sporadischer Brutvogel (bisher nur ein Brutnachweis in Sachsen), seltener Durchzügler/Gast
Ja
1999 erster und bisher einziger Brutnachweis in Sachsen am Kuhteich bei Torgau (Steffens et al. 2013); 4 Jungvögel geschlüpft, alle durch widrige Umstände umgekommen (Rößger, F. in Actitis 34/1999)
Der Stelzenläufer ist von Anfang April bis Ende August seltener Gast in Sachsen. Bei dem bislang einzigen Brutnachweis (Kuhteich bei Torgau) wurde die erste Beobachtung am 22.05. gemacht, am 30.05. konnte der Nestbau beobachtet werden. Am 01.06. wurde 1 Ei registriert, am 26.06. 4 frisch geschlüpfte Jungvögel. Die Brut verlief leider nicht erfolgreich (nach Selter, Kohlhase u. a., zitiert in Steffens et al. 2013).
Den bislang einzigen Brutnachweis in Sachsen gab es an einem abgelassenen Fischteich (Kuhteich bei Torgau). Weitere Beobachtungen, hauptsächlich während der Zugzeiten, wurden in Teichgebieten, an Speicherbecken, an Großteichen, Stauseen und in Sachsen-Anhalt auch an Bergbaurestgewässern gemacht.
Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte umfasst das Brutrevier (mit Brutplatz, Balz, Territorialverhalten, Reviermarkierung) einschließlich des Aufzuchtreviers, in dem die noch nicht flugfähigen Jungen von den Altvögeln geführt werden (z. B. Habitatkomplex aus Seichtwasserzonen, Flachinseln und Schlammbänken). Der Raumbedarf zur Brutzeit liegt unter 5 ha (Flade 1994).
Ruhestätten:
Während Brut und Jungenaufzucht ruhen und nächtigen Stelzenläufer sehr wahrscheinlich innerhalb des Brut- und Aufzuchtreviers. Eine Familie mit flüggen Jungen nächtigte wiederholt stehend im flachen Wasser eines Teiches in 400 m Entfernung zu ihrem Nahrungsgebiet (Stiefel 1979). In Südeuropa kommt es auch zu größeren Rast- und Schlafgemeinschaften an Flachseen und Flachwasserlagunen.
Bauer, H.-G.; Bezzel, E. & Fiedler, W. (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes - Nichtsperlingsvögel, 2. Aufl., Wiebelsheim.
Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)
Boschert, M. (2005): Vorkommen und Bestandsentwicklung seltener Brutvogelarten in Deutschland 1997 bis 2003. Vogelwelt 126: 1-51.
Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.
Glutz von Blotzheim, U. N.; Bauer, K. M. & Bezzel, E. (1986): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. - Bd. 7 Charadriiformes (2. Teil)., 2. Aufl. Wiesbaden.
Hagemeijer, W. J. M. & Blair, M. J. (eds.) (1997): The EBCC Atlas of European Breeding Birds: Their distribution and abundance. London.
Rößger, F. (1999): Erstnachweis einer Brut des Stelzenläufers (Himantopus himantopus) in Sachsen. Actitis 34: 32-35.
Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)
Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.
Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.
Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.
Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 01.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle), Dr. Matthias Weber (Heidenau)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de