Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | SG (streng geschützt) |
Vogelschutzrichtlinie Schutzstatus: | VRL-Anh.I (Art des Anhang I der Vogelschutzrichtlinie) |
Rote Liste Deutschland: | 2 (stark gefährdet) |
Rote Liste Sachsen: | 2 (stark gefährdet) |
4 Unterarten werden unterschieden, in Europa Sterna hirundo hirundo vorkommend
Die Flussseeschwalbe ist ein schlanker möwenähnlicher Vogel mit langen, schmalen und spitzen Flügeln. Sie ist etwas kleiner als eine Lachmöwe und im Brutkleid oberseits hellgrau und unterseits weiß bis hellgrau gefärbt. Der Kopf hat eine schwarze Kappe, die von der Stirn bis zum Nacken reicht. Der lange spitze Schnabel ist orangerot mit meist schwarzer Spitze, auch die Füße sind rot. Der weiße Schwanz ist tief gegabelt. Das Ruhekleid ist dem Brutkleid ähnlich, jedoch sind die Stirn weißlich, der Schnabel schwarz und die Füße eher rotbraun gefärbt. Im Jugendkleid ähnelt die Kopfzeichnung der des Ruhekleides und die bräunlichgraue Oberseite hat eine geschuppte Musterung. Zudem sind die Flügel dunkler und der Schwanz kürzer.
Der Flussseeschwalbe sind in allen Kleidern die Küstenseeschwalbe (Sterna paradisaea) und die in Deutschland seltene Rosenseeschwalbe (Sterna dougallii) sehr ähnlich.
Die Flussseeschwalbe brütet an Flach- und Wattküsten (auf Primärdünen, Strandwällen, Nehrungen, Salzwiesen), an Flussmündungen, naturnahen Flüssen sowie an größeren Seen und Teichen. Die Brutplätze befinden sich in übersichtlicher, störungsarmer Lage (oft auf Inseln) in der Nähe von nahrungsreichen Gewässern. Die Art ist Bodenbrüter. Bei den Neststandorten handelt es sich meist um Sand-, Kies- oder Schlammflächen mit lückiger, überwiegend kurzer Vegetation. Im Binnenland werden Schotter- und Kiesbänke an Flüssen oder in Abbaurestgewässern sowie künstliche Nistflöße als Brutplatz genutzt.
Die Flussseeschwalbe ist Koloniebrüter und zeigt eine ausgeprägte Nistplatztreue. Die Gelege enthalten 2-3 (1-4) Eier, die 21-24 Tage bebrütet werden (eine Jahresbrut). Mit 23-27 Tagen sind die Jungen flügge.
Die Nahrung der Art besteht hauptsächlich aus kleinen Fischen, Krebstieren, Wasserinsekten und Kaulquappen, die meist im Suchflug erspäht und stoßtauchend erbeutet werden. Aber auch über dem Wasser fliegende Insekten werden gejagt.
Die Flussseeschwalbe ist ein Langstreckenzieher und überwintert in den Tropen und südlichen gemäßigten Breiten entlang der Küsten. Die Winterquartiere der deutschen Brutvögel liegen an der Atlantikküste von West- und Südafrika.
Die Flussseeschwalbe ist in Europa, Asien, Nord- und Mittelamerika verbreitet. Isolierte, inselartige Vorkommen gibt es in Nordwest- und Nordafrika. In Europa erstreckt sich das geschlossene Brutareal von Nordwesteuropa bis Russland. Süd-, West- und Mitteleuropa sind nur lückenhaft besiedelt.
In Deutschland gab es im Zeitraum 2005-2009 ca. 9.000-10.500 Brutpaare, davon brüteten etwa zwei Drittel im Wattenmeer und an den Flussmündungen der Nordseeküste. Eine zerstreute Verbreitung erstreckt sich zudem im Nordostdeutschen Tiefland von der Ostseeküste bis zur Mittelelbe und nach Ostsachsen. Weitere zerstreute Vorkommen gibt es am Niederrhein und an der Weser sowie in Süddeutschland (Oberrhein, Donau, Isar, Bodensee und andere Voralpenseen).
ungünstig-unzureichend
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 2,8 %
Brutvogelaspekt
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Brutvogel, Gastvogel
Sommervogel, Durchzügler
Nein
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 40-60 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 60-80 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 120-200 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 200-300 BP (Komplettzählung/belastbare Schätzung)
Die Frühjahres-Erstbeobachtungen nach Ankunft aus den Winterquartieren liegen in Sachsen zwischen dem 07.04. und 26.04. (im Mittel 16.04.). Die Koloniebesetzung beginnt zumeist Ende April/Anfang Mai. Erste Gelege wurden Anfang Mai gefunden, die meisten Paare legen jedoch später. Die Bebrütungszeit kann sich in einer Kolonie (einschließlich der Ersatzbruten) 2-3 Monate hinziehen. Junge schlüpfen frühestens Anfang Juni. Die Mehrzahl der Brutvögel zieht bis Ende August aus den Kolonien ab. Von Mai bis Juli erscheinen „Sommergäste“ auch außerhalb der Brutgebiete. Der herbstliche Weg- und Durchzug erfolgt hauptsächlich im August/September und klingt im Oktober aus (Nachzügler bis November) (Steffens et al. 1998, 2013).
Früher brütete die Flussseeschwalbe im Binnenland an naturnahen größeren Flüssen auf Kiesbänken und vegetationsarmen Inseln. Diese Brutplätze sind Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts durch Flussausbau und -regulierung weitgehend verloren gegangen. Aktuelle sächsische Brutplätze liegen an Standgewässern, vor allem auf vegetationsarmen Inseln von Braunkohlentagebauseen, Kiesgruben und Speicherseen. Bei Fehlen natürlicher Inseln werden gern auch spezielle Nistflöße als Brutplatz angenommen. Ausgehend von den Brutkolonien unternehmen die Vögel (vor allem die Männchen) zum Teil weite Nahrungsflüge (bis > 10 km) zu kleinfischreichen Gewässern.
Fortpflanzungsstätten:
Fortpflanzungsstätte ist die Brutkolonie bzw. bei Einzelbruten der Brutplatz. In jedem Falle sollte die gesamte brutrelevante Struktur als Fortpflanzungstätte betrachtet werden (z. B. Insel, Kiesbank, Nistfloß).
Ruhestätten:
Ruhestätten liegen zur Brutzeit in oder nahe der Brutkolonie. Flussseeschwalben schlafen am Boden. Nicht an das Nest gebundene Vögel finden sich zu Schlafgemeinschaften zusammen. An den Nahrungsgewässern ruhen Flussseeschwalben oft auf Bojen, Buhnen, Reusenstangen oder anderen aus dem Wasser ragenden Objekten.
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Offizieller Artensteckbrief des LfULG
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 01.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle), Dr. Matthias Weber (Heidenau)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de