Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | BG (besonders geschützt) |
Rote Liste Deutschland: | 2 (stark gefährdet) |
Rote Liste Sachsen: | 2 (stark gefährdet) |
2 Unterarten, in Mitteleuropa brütet die Nominatform Saxicola rubetra rubetra (Linnaeus, 1758)
Das Braunkehlchen ist ein Singvogel, der etwas kleiner ist als ein Sperling. Das Männchen hat einen schwarzbraunen Kopf, einen weißen Überaugen- und Wangenstreif, eine orangebraune Kehle und Brust sowie einen hellen Bauch. Flügel und Oberseite sind dunkelbraun mit hellbraunen Federsäumen. Im Flug haben die Flügel zwei weiße Abzeichen und der Schwanz ist auffällig schwarz-weiß. Weibchen und Jungvögel sind dem Männchen ähnlich, aber insgesamt matter und weniger kontrastreich gefärbt. Ihr Überaugenstreif ist beigeweiß.
Das Braunkehlchen ist ein Brutvogel offener und halboffener Landschaften mit einzelnen Gebüschen oder anderen Vertikalstrukturen. Besiedelt werden verbuschte Grünländer, Landschilfröhrichte, Niedermoore, Uferstaudenfluren, Feuchtwiesen, Brachen, Ruderalflächen, Grabensäume, aber auch Kahlschläge und trockene Heideflächen. Die Bevorzugung feuchter Standorte resultiert in erster Linie aus deren extensiverer Nutzung. Die Art brütet am Boden und versteckt das Nest in dichter Vegetation (z. B. unter Grasbüscheln, Stauden) in der Nähe zu einer Sitzwarte.
In der Regel findet eine Jahresbrut mit 5-7 Eiern statt. Nur das Weibchen brütet. Die Brutdauer beträgt 11-13 Tage und Nestlingsdauer 11-15 Tage. Die Jungvögel werden von beiden Partnern gefüttert.
Die Nahrung besteht vor allem aus Insekten (Käfer, Hautflügler, Zweiflügler, Heuschrecken, Wanzen, Raupen), zudem aus Spinnen, kleinen Schnecken und Würmern. Die Beute wird meist von Sitzwarten aus im Flug erjagt (auch Rüttelflug). Im Herbst werden auch Beeren gefressen.
Das Braunkehlchen ist ein Langstreckenzieher mit Hauptüberwinterungsgebiet in den Savannen Afrikas südlich der Sahara.
Das Braunkehlchen ist Brutvogel von Westeuropa bis in den Westen Zentralasiens (West- und Mittelsibirien) und besiedelt dort die gemäßigte und boreale Zone. In Europa ist die Art weit verbreitet mit Schwerpunkt in Mittel- und Nordosteuropa, fehlt aber in großen Teilen der Mittelmeerländer.
In Deutschland zeigt das Braunkehlchen im Norddeutschen Tiefland eine zusammenhängende und gebietsweise dichte Besiedlung. Vor allem Mecklenburg-Vorpommern, die AItmark, große Teile von Brandenburg und die Schleswig-Holsteinische Geest zeigen dabei zusammenhängend höhere Dichten. Im Nordwestdeutschen Tiefland werden vergleichbare Dichten südwestlich der Elbe nur noch in den Flussniederungen des Elbe-Weser-Dreiecks festgestellt. Südwestlich von Unterweser und Aller zeigt sich eine zunehmende Fragmentierung der Verbreitung, insbesondere Nordrhein-Westfalen ist in großen Teilen unbesiedelt. In den Mittelgebirgen besteht eine bandartige Verbreitung in den Höhenlagen mit kurzer Vegetationszeit von der Eifel über das Rothaargebirge, den Westerwald und das Lahn-Dill-Bergland, den Vogelsberg, die Rhön, den Harz und den Thüringer Wald bis zum Erzgebirge. Südlich des Mains ist das Braunkehlchen nur noch lokal verbreitet, auch hier hat es sich zumeist in Höhenlagen zurückgezogen (südlicher Schwarzwald, Fränkische Alb, Oberpfalz, Bayerischer Wald) (Gedeon et al. 2014).
ungünstig-schlecht
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 2,4 %
Brutvogelaspekt
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005)
Hinweise: Durchzug und Brutzeit stark überlappend, Durchzügler (auch paarweise) bis Ende Mai, daher einmaliger Nachweis eines Paares noch kein Brutverdacht
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Brutvogel, Gastvogel
Sommervogel, Durchzügler
Nein
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 2500-5000 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 2500-5000 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 1500-3000 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 500-800 BP (Expertenschätzung)
Die Erstankunft aus den Winterquartieren liegt in Sachsen im Zeitraum Anfang bis Mitte April. Der Heimzug erreicht in der 1. Maidekade seinen Höhepunkt und klingt bis Ende Mai aus. Die Brutzeit erstreckt sich von Ende April/Anfang Mai bis Mitte August mit Schwerpunkt Mitte Mai bis Mitte Juli. Es wird eine Jahresbrut durchgeführt (in geringem Umfang Ersatzgelege und Zweitbruten). Der Abzug aus den Brutgebieten geschieht Anfang Juli bis Anfang/Mitte August, ab Mitte August bis Ende September ist verstärkter Durchzug festzustellen (Nachzügler im Oktober, selten Anfang November) (Steffens et al. 1998, 2013).
Das Braunkehlchen besiedelt offene Landschaften mit Sitzwarten (z. B. Einzelbüsche, Koppelpfähle, Hochstauden, Schilf) und bodennaher Deckung (Nestbau), meist an feuchten oder staunassen Standorten. Bevorzugte Bruthabitate sind verschilfte Feuchtbrachen, dichte Reitgras-Fluren, Feucht- und Nasswiesen, Gräben mit Hochstaudensäumen, Uferstaudenfluren, Moore, sonstige Brachen und Ödland sowie große Kahlschläge. Auf dem Zug werden zudem Raps-, Mais-, Kohl-, Rüben-, Kartoffel- und Kleeschläge als Rasthabitate genutzt.
Fortpflanzungsstätten:
Die Fortpflanzungsstätte ist das Brutrevier. Der Raumbedarf beträgt zur Brutzeit 0,5 bis ca. 3 ha (Flade 1994).
Ruhestätten:
Ruhestätten liegen während der Brut innerhalb des Brutreviers (Nest und Nestumgebung). In den ersten Tagen nach dem Verlassen des Nests nächtigt der Nachwuchs in der Nestumgebung am Boden oder in geringer Höhe in der Vegetation. Später sucht er vermutlich jeden Abend einen neuen Schlafplatz in üppigem Pflanzenwuchs oder in Büschen auf (Stiefel 1979).
Bernotat, D. & Dierschke, V. (2015): Übergeordnete Kriterien zur Bewertung der Mortalität wildlebender Tiere im Rahmen von Projekten und Eingriffen 2. Fassung - Stand 25.11.2015. (Studie als PDF-Datei)
Bezzel, E. (1993): Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Passeres - Singvögel. AULA-Verlag, Wiesbaden.
Flade, M. (1994): Die Brutvogelgemeinschaften Mittel- und Norddeutschlands. IHW-Verlag, Eching.
Gedeon, K.; Grüneberg, C.; Mitschke, A.; Sudfeldt, C.; Eikhorst, W.; Fischer, S.; Flade, M.; Frick, S.; Geiersberger, I.; Koop, B.; Kramer, M.; Krüger, T.; Roth, N.; Ryslavy, T.; Stübing, S; Sudmann, S. R.; Steffens, R.; Vökler, F. & Witt, K. (2014): Atlas Deutscher Brutvogelarten. Atlas of German Breeding Birds. Stiftung Vogelmonitoring Deutschland und Dachverband Deutscher Avifaunisten (Hrsg.), Münster.
Steffens, R.; Nachtigall, W.; Rau, S.; Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden. (als PDF-Dateien unter Brutvögel in Sachsen, Seiten 1-247 sowie S. 248-436 bzw. S. 437-656)
Steffens, R.; Saemann, D. & Grössler, K. (Hrsg.) (1998): Die Vogelwelt Sachsens. Gustav Fischer Verlag, Jena.
Südbeck, P.; Andretzke, H.; Fischer, S.; Gedeon, K.; Schikore, T.; Schröder, K. & Sudfeldt, C. (Hrsg.) (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell.
Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste der Brutvögel Deutschlands, 4. Fassung, 30. November 2007. Ber. Vogelschutz 44: 23-81.
Offizieller Artensteckbrief des LfULG; Stand: 27.09.2016; Bearbeiter: Jörg Huth, Hans-Markus Oelerich (Halle); Hinweise und Änderungsvorschläge bitte an: Heiner.Blischke@smul.sachsen.de
Legende zum Artensteckbrief unter: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/22872.htm; Informationen zur Artengruppe für Sachsen: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/23211.htm