Artenschutzrechtlicher Schutzstatus: | BG (besonders geschützt) |
Rote Liste Deutschland: | * (derzeit keine Gefährdung) |
Rote Liste Sachsen: | * (derzeit keine Gefährdung) |
Die mitteleuropäischen Populationen gehören der Nominatform Turdus viscivorus viscivorus an, deren Verbreitungsgebiet im Osten bis Westsibirien und in den nordwestlichen Iran reicht. Die Unterart T. v. deichleri besiedelt Nordwestafrika, Korsika und Sardinien, während die Unterart T. v. bonapartei vom südlichen Sibirien bis Nepal und zum Altai beheimatet ist.
Große, langschwänzige und verhältnismäßig helle Drossel mit blass graubrauner Oberseite. Der untere Rücken und Bürzel ist etwas heller gefärbt und kontrastiert etwas zu Mantel und Schwanz, aber nicht so stark, wie bei der Wacholderdrossel (Turdus pilaris). Die Unterseite ist überwiegend weiß mit unregelmäßigen runden, schwarzen Flecken an Brust und Bauch. Der Flug ist kraftvoll und leicht bogenförmig. Gute Kennzeichen im Flug sind die weißen Unterflügeldecken und die weißen Schwanzkanten. Die deutlich kleinere und kurzschwänzigere Singdrossel (Turdus philomelos) hat einen einfarbig olivbraunen Rücken, rostgelbe Unterflügeldecken, einen stärkere gelbliche Färbung an der Unterseite und eine feinere Fleckung auf der Unterseite.
Misteldrosseln haben einen trockenen, hölzern schnarrenden Ruf und einen entfernt an die Amsel erinnernden Gesang, der jedoch härter und schneller mit kurzen Pausen und gelegentlichen Wiederholungen vorgetragen wird und monotoner klingt.
Die Misteldrossel ist die am stärksten an Wälder gebundene heimische Drossel. Bevorzugt werden hochstämmige Koniferenwälder und -forste, teilweise werden aber auch Mischwälder oder reine Laubwälder besiedelt. Bruten in Parks, parkähnlichen Lebensräumen, Siedlungen oder Baumreihen treten in Deutschland vor allem im Nordwestdeutschen Tiefland auf und sind in Sachsen eher die Ausnahme. Hohe Siedlungsdichten werden in durch Kahlschläge, Schneisen, Waldwiesen oder Naturverjüngung gegliederten Fichten- und Kiefern-Altbeständen erreicht. Die Nahrungssuche erfolgt zu bedeutenden Anteilen auf benachbarten kurzrasigen Wiesen und Weiden.
Misteldrosseln sind in Deutschland Kurzstrecken- oder Teilzieher, wobei sich der Anteil überwinternder Vögel von Ost nach West erhöht. Auch in Sachsen nehmen Winterbeobachtungen gegenwärtig zu (Steffens et al. 2014). Der Abzug erfolgt in der Regel nach Südwest, wobei die Mehrzahl der deutschen Brutvögel offensichtlich in Frankreich überwintert (Baierlein et al. 2014).
Das Nest wird hoch in Bäumen angelegt. Vermutlich bauen die Weibchen allein. Misteldrosseln legen 3-6 Eier. Die Brutdauer beträgt 13-15 Tage, die Nestlingszeit 12-15 Tage. Die Paare haben 1-2 Jahresbruten, Nachgelege sind möglich.
Zur Ausbreitungsfähigkeit liegen keine Informationen vor. Sobald Aufforstungen ein für die Misteldrossel geeignetes Alter erreicht haben, werden sie aber in der Regel spontan besiedelt.
Das Brutareal erstreckt sich von Nordwestafrika über große Teile Europas, die britischen Inseln und die Nadelwaldzone Fennoskandinaviens bis an den Baikalsee. Unter Aussparung der waldarmen Steppen- und Halbwüstenzonen reicht ein weiteres, bandförmiges Brutareal von Vorderasien bis Nordindien.
günstig
Die gutachterliche Einstufung erfolgt aufgrund der Bestandsgröße und des aktuell positiven Bestandstrends. Die Art ist in Sachsen gegenwärtig ungefährdet.
Anteil Sachsen am deutschen Brutbestand: 4,9 %
Brutvogelaspekt
Methodik, Wertungsgrenzen und Zeitraum der Brutvogelerfassung gemäß Südbeck et al. (2005).
Erfassung singender Männchen (Revier- und Fluggesang) sowie Nest bauender bzw. Futter oder Kot tragender Altvögel durch 3-4 Begehungen. Optimale Tageszeit zur Erfassung sind die frühen Morgenstunden ab Sonnenaufgang. Besonders zu Beginn der Fortpflanzungszeit im März singen die Männchen fast den ganzen Tag und sind verhältnismäßig leicht zu erfassen. Allerdings können in diesem Zeitraum auch Durchzügler auftreten, die ebenfalls singen, so dass mehrere Begehungen zur Ermittlung der Anzahl der Brutvögel erforderlich sind. Brutnachweise gelingen meist durch Futter oder Kotballen tragende Altvögel. Allerdings können besonders die Männchen während der Aufzuchtszeit Distanzen bis 1.500 m auf den Nahrungsflügen überwinden (Steffens et al. 1998).
Indigene, Ureinheimische (Reproduktion)
Brutvogel
Nein
gleichbleibend
gleichbleibend
Die höchsten Siedlungsdichten werden in den fichtendominierten Waldgebieten der Mittelgebirgslagen und des angrenzenden Hügellandes erreicht. Die von Kiefernforsten geprägten Landschaften werden ebenfalls nahezu flächendeckend besiedelt, wenn auch in geringerer Siedlungsdichte. In den waldarmen Gefildezonen sowie den jungen Bergbaufolgelandschaften gibt es größere Verbreitungslücken. Steffens et al. (2014) sehen als eine wesentliche Ursache für die aktuell positive Bestandsentwicklung die überwiegend milden Winter der letzten zwei Jahrzehnte an.
Brutbestand in Sachsen (nach Steffens et al. 2013):
1978-1982: 3.500-7.000 BP (Brutvogelkartierung 1)
1993-1996: 5.000-10.000 BP (Brutvogelkartierung 2)
2004-2007: 8.000-16.000 BP (Brutvogelkartierung 3)
2016: 8000-16.000 BP (Expertenschätzung)
Erste singende Männchen sind oft schon im Februar zu beobachten. Da Überwinterer und Durchzügler auch singen, sind diese schwer von ankommenden Brutvögeln zu unterscheiden (Steffens et al. 2014).
Fortpflanzungsstätten:
Fortpflanzungsstätten in Sachsen sind Altbaumbestände, insbesondere Fichten- und Kiefernwälder und -forste sowie ältere Mischwälder. Teilweise werden auch reine Laubwälder oder Parks und Altbaumbestände im Siedlungsbereich besiedelt. Als Fortpflanzungsstätte sind jeweils die besiedelten Waldparzellen bzw. Althölzer aufzufassen.
Ruhestätten:
Die Ruhestätten entsprechen in der Brutzeit den Fortpflanzungsstätten.
Hinweise zur Abgrenzung von Populationen:
Betrachtungsmaßstab unterhalb der Ebene Landkreis, in der Regel Waldgebiet
Die Misteldrossel ist in ihrem Brutbestand aktuell in Sachsen nicht gefährdet.
Schutz durch allgemeinen Schutz der Lebensräume. Spezielle Schutzmaßnahmen sind nicht erforderlich, da die Misteldrossel bevorzugt Koniferenforste und Nadel-Laub-Mischbestände besiedelt. Durch Förderung von Extensivgrünland in Waldnähe und Erhalt von Waldwiesen kann die Habitatqualität verbessert werden. Das Nahrungsdargebot im Herbst und Winter kann durch Förderung beerentragender Bäume und Sträucher im Offenland verbessert werden.
Zentrales Medium für die Sammlung von Artdaten in der Naturschutzverwaltung des Freistaates Sachsen ist die Zentrale Artdatenbank beim LfULG: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/natur/8048.htm;
Aktuelle Übersichtskarten der Verbreitung von Arten in Sachsen können unter folgendem Link abgerufen werden: http://www.umwelt.sachsen.de/umwelt/infosysteme/cadenzaweb2015/commands.xhtml?Login.Anonymous
Potenzielle Gefährdungsursachen sind:
Bauer, H.-G., Bezzel, E. & Fiedler, W. (Hrsg.) (2005): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas. Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel. – AULA-Verlag Wiebelsheim: 808 S.
Baierlein, F.; Dierschke, J.; Dierschke, V. ; Salewski, V.; Geiter, O.; Hüppop, K.; Köppen, U. & Fiedler, W. (2014): Atlas des Vogelzugs. Ringfunde deutscher Brut- und Gastvögel. – Aula-Verlag Wiebelsheim: 567 S.
Fünfstück, H.-J., Ebert, A., Weiß, I. (2010): Taschenlexikon der Vögel Deutschlands. - Quelle & Meyer Verlag Wiebelsheim: 685 S.
Steffens, R. & Hiebsch, H. (1990): Problemorientierte Auswertung ausgewählter Waldfondsdaten der Naturschutzgebiete (NSG) Sachsens. Naturschutzarbeit in Sachsen 32: 39-44
Steffens, R., D. Saemann & K. Grössler (1998 ): Die Vogelwelt Sachsen. – Gustav Fischer Verlag, Jena-Stuttgart-Lübeck-Ulm: 530 S.
Steffens, R., Nachtigall, W., Rau, S., Trapp, H. & Ulbricht, J. (2013): Brutvögel in Sachsen. – Sächsisches Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie, Dresden: 656 S.
Stiefel, A. (1979): Ruhe und Schlaf bei Vögeln. Die Neue Brehm-Bücherei Bd. 487. – A. Ziemsen Verlag, Wittenberg Lutherstadt: 216 S.
Südbeck, P., Andretzke, H., Fischer, S., Gedeon, K., Schikore, T. S., Schröder, K. & Sudfeldt, C. (2005): Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten und des Dachverbandes der Deutschen Avifaunisten DDA (Hrsg.) – Mugler Druck-Service, Hohenstein-Ernstthal: 790 S.
Südbeck, P.; Bauer, H.-G.; Boschert, M.; Boye, P. & Knief, W. (2007): Rote Liste und Gesamtartenliste der Brutvögel (Aves) Deutschlands. 4. Fassung, 30. November 2007. – Naturschutz und Biologische Vielfalt 70 (1): 159-227
Urs N. Glutz von Blotzheim (Hrsg.): Handbuch der Vögel Mitteleuropas. Mit einem Lexikon ornithologischer Fachbegriffe von Ralf Wassmann. Vogelzug-Verlag, Wiebelsheim 2004, ISBN 3-923527-00-4 (CD-ROM für Windows, MacOS, Unix usw., als PDF-Datei: 15.718 Buchseiten mit 3200 Abbildungen).
Stand: 02.02.2022
Erstbearbeitung: 22.11.2015; Bearbeiter: Dr. André Günther und Marko Olias (Naturschutzinstitut Freiberg)
Anpassung an die Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen im Dezember 2021 und Januar 2022
Die Artensteckbriefe werden bei Bedarf fortlaufend aktualisiert.
Legende zum Artensteckbrief unter: https://www.natur.sachsen.de/artensteckbriefe-21889.html
Der Artensteckbrief ist Bestandteil der Arbeitshilfen für artenschutzrechtliche Bewertungen: https://www.natur.sachsen.de/arbeitshilfen-artenschutz-20609.html
Informationen zur Artengruppe für Sachsen: https://www.natur.sachsen.de/vogel-21259.html
Hinweise und Änderungsvorschläge zum Artensteckbrief bitte an:
Heiner.Blischke@smekul.sachsen.de